© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/18 / 17. August 2018

Beginn der empirischen Sozialforschung: Verhaftet im bürgerlichen Wertekanon
Außerordentlich stabile Familie
(wm)

Die seit 1990 erscheinende Europäische Zeitschrift für Feministische Geschichtswissenschaft (L’Homme) behandelt nicht ausschließlich  marginale Themen. Obwohl kein Heft ohne die die Grenze zur Wissenschaft überschreitende Randgruppenexotik auskommt. So wie etwa die aktuelle Ausgabe (1/2018) nur einen sehr elitären Interessentenkreis über die „Systematisierung des frühneuzeitlichen Klitoriswissens“ oder „Popkulturelle Geschlechterbilder in der Volksrepublik Polen“ informiert. Daneben finden sich aber stets historisch relevantere Beiträge wie jetzt der Aufsatz der in Köln Gender History lehrenden Elke Kleinau über „Anfänge empirischer Frauen- und Geschlechterforschung“ in der Weimarer Republik. Die Studie konzentriert sich auf Alice Salomon (1872–1948) und Marie Baum (1874–1964), die mit Untersuchungen zur „Krise der Familie“ zu den Wegbereiterinnen jener empirischen Sozialforschung gehören, die, als „wissenschaftliche Maulwurfsarbeit“ belächelt, in der akademisch etablierten Soziologe noch keinen Platz fand. Salomon und Baum konnten nachweisen, daß sich die Institution Familie selbst während der Weltwirtschaftskrise als „außerordentlich stabil“ erwies. Was Kleinau kritisch sieht, denn dieses Urteil zeuge von der Fixierung der linksliberalen Forscherinnen auf den Typus „vollständige Familie“ und ihrer „Verhaftung im bürgerlichen Wertekanon“. 


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