© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/18 / 17. August 2018

Verantwortung für die Nation
Thomas Karlauf kündigt Stauffenberg-Biographie an
Wolfgang Müller

Als Literaturagent und Autor weiß Thomas Karlauf, wie man ein Buch werbewirksam auf den Markt bringt. Doch im Vorfeld der Kampagne in eigener Sache, für eine Biographie über den Hitler-Attentäter Claus von Stauffenberg, die 2019 erscheinen soll, kam ihm auch der Zufall zur Hilfe.

Denn das Feuilleton, den 150. Geburtstag Stefan Georges fest im Blick, debattierte im Frühjahr ausführlich „Mißbrauchs“-Vorwürfe gegen den homosexuellen Essayisten und Lyriker Wolfgang Frommel (1902–1986), der als selbsternannter Erbe des „Meisters“ seit Ende der 1930er die Exilgruppe Castrum Peregrini gebildet hatte, die nicht nur ein platonischer Eros zusammenhielt. Karlauf gehörte von 1974 bis 1984 zum Castrum-Kreis und erlebte hier noch den Nachhall der vom „Meister“ gestifteten Kunstreligion in ihren lebenspraktischen Konsequenzen. Eine Erfahrung, von der seine George-Biographie (2007) zehrte und die ihn nun legitimierte, als kompetenter Zeitzeuge einzugreifen in die Debatte um Homosexualität und Mißbrauch von George bis Frommel. 

Wenn er in diesem Kontext auf seine Stauffenberg-Biographie verweist, steigert Karlauf geschickt die Spannung. Der nächste, soeben in der Kulturzeitschrift Sinn und Form (3/2018) veröffentlichte Appetitanreger verrät darum wohlweislich nichts über diesen auf „Enthüllungen“ abonnierten Themenkomplex, weil er sich nicht der frühen Sozialisation des Grafen im inneren Zirkel des George-Kreises widmet, sondern dem späteren Haupt der Militäropposition.

Karlaufs zentrale These zur Neuinterpretation der auf den 20. Juli 1944 zulaufenden Verschwörung stellt sich gegen den offiziösen Konsens vom „Aufstand des Gewissens“. Kein Wunder sei zwar, daß sich diese Deutung durchsetzen mußte. Denn einer „im Kern pazifistisch orientierten Gesellschaft“, die keine Vorstellung mehr vom Weltbild des preußisch-deutschen Offizierskorps habe, sei eine andere als die moralische Motivation des Widerstands gar nicht vermittelbar. Tatsächlich aber „handelte die Militäropposition aus Verantwortung, nicht aus Gesinnung. Nicht das Entsetzen über die Verbrechen des Nationalsozialismus, sondern die Entschlossenheit, den Krieg möglichst rasch zu einem für Deutschland einigermaßen glimpflichen Ende zu bringen, gab ihrem Denken die Richtung“. Dieser „spezifische Idealismus“ der Verantwortung und des Einsatzes für Volk, Nation und Reich ist dem Gros der „Bevölkerung“, seiner politischen Klasse sowie in der Bundeswehr heute jedoch ohne Belang.