© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/18 / 24. August 2018

Ländersache: Hamburg
Heiße Luft löscht keine Brände
Peter Möller

Hamburg in Flammen. Die Bilder gingen um die Welt und haben sich ins kollektive Gedächtnis der Hansestadt eingebrannt: Während des G20-Gipfels Anfang Juli 2017 zogen linksextremistische Gewalttäter marodierend durch die Stadt, verbreiteten Angst und Schrecken und hinterließen eine Spur der Verwüstung: Autos und Barrikaden brannten, Fensterscheiben gingen zu Bruch, Geschäfte wurden geplündert. Bei gewalttätigen Demonstrationen wurden zahlreiche Polizisten verletzt. Neben einem nicht zu beziffernden Imageschaden für Hamburg und Deutschland entstand ein Sachschaden in Millionenhöhe.

Das Entsetzen über die bürgerkriegs­ähnlichen Ausschreitungen veranlaßte sogar Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an die Elbe zu eilen um sich ein Bild von den Schäden zu machen und verletzte Beamte im Krankenhaus zu besuchen. Hamburgs damaliger Erster Bürgermeister Olaf Scholz, dem das Desaster mit angelastet wurde, war einige Wochen lang politisch schwer angeschlagen.

Um zu klären, wie es überhaupt zu diesen Gewaltausbrüchen kommen konnte und wer dafür politisch die Verantwortung trägt, setzte die Bürgerschaft im vergangenen Jahr einen Sonderausschuß ein. In der vergangenen Woche beendete das Gremium nach 15 Sitzungen seine Arbeit. Doch obwohl die 19 Abgeordneten insgesamt 24 sogenannte Auskunftspersonen sowie zahlreiche Senatsvertreter, darunter Olaf Scholz, zu den Vorgängen befragt haben, ist das Ergebnis ernüchternd. Von politischen Konsequenzen ist längst schon keine Rede mehr. Nicht einmal einen gemeinsamen Abschlußbericht, wie es etwa bei parlamentarischen Untersuchungsausschüssen üblich ist, wird es geben. Stattdessen können bis zum Herbst alle Parteien Stellungnahmen abgeben, die dann in der Bürgerschaft debattiert werden sollen.

„So ein Sonderausschuß kann kein Abschluß für ein solches Ereignis sein“, konterte der Vorsitzende, Milan Pein (SPD), die aufkommende Kritik. Die Parlamentarier hätten eine „Faktenbasis geschaffen“, die in der Parlamentsdatenbank für jedermann zugänglich sei. „Wer wissen will, wie genau beispielsweise ein Polizeieinsatz gelaufen ist, kann das in den Protokollen nachlesen“, empfiehlt Pein und verweist auf die „enorme“ Menge an Papier die der Ausschuß produziert habe. Viele Hamburger, die auf klare Antworten gehofft hatten, und beispielsweise erfahren wollen, warum die Polizei offenbar von den linksextremistischen Gewalttätern völlig überfordert war, dürfte diese Aussage nicht zufriedenstellen. Und auch aus der Opposition kommt deutliche Kritik: CDU-Fraktionschef André Trepoll hält die Aufklärung der Gewaltausbrüche rund um den Gipfel für gescheitert. „Das hängt natürlich mit dem mangelnden Aufklärungswillen des Senates zusammen“, sagte er. Ähnlich sieht es die AfD: „Es ist mehr als irritierend, daß es nach über einem Jahr der Aufklärung noch immer nicht gelungen ist, politische Verantwortung festzumachen“, sagte der Obmann der AfD im Ausschuß, Dirk Nockemann. 

Seine Fraktion hatte sich vergeblich dafür eingesetzt, statt eines Sonderausschusses einen wesentlich schlagkräftigeren parlamentarischen Untersuchungsausschuß einzusetzen. Doch die rot-grüne Koalition stimmte gemeinsam mit der CDU dagegen. „Der G20-Sonderausschuß war ein teurer Papiertiger“, lautet denn auch Nockemanns Fazit.