© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/18 / 24. August 2018

Gedankenkontrolleure
Darmstadt 98 will keine AfD-Anhänger unter seinen Fans
Klaus Kelle

Wir wollen Menschen mit solchem Gedankengut nicht in unseren Fanblöcken haben.“ Das hat der Fußball-Zweitligist SV Darmstadt 98 allen Ernstes auf Facebook den Wählern der konservativen Partei entgegengeschleudert. Bei der vergangenen Bundestagswahl waren das immerhin 8,4 Prozent in der hessischen Stadt.

Von wem haben Fußballclubs in Deutschland eigentlich das Mandat bekommen, die „Gedanken“ ihrer Anhänger in richtig oder falsch einzuteilen? Erstligist Eintracht Frankfurt hatte das vor Monaten auch schon mal versucht, als das Präsidium die Mitgliedsanträge von zwei bekannten AfD-Mitgliedern ablehnte. Es folgte ein öffentlicher Streit zwischen Verein und Partei, bei dem Eintracht-Präsident Peter Fischer, der sonst nicht müde wird, zu betonen, wie wichtig ihm „Vielfalt“ sei, klarstellte: „Wer die AfD wählt, kann bei uns kein Mitglied sein.“ Aber reicht die bloße Mitgliedschaft oder die Wahl einer Partei für Pauschalurteile aus? Oder denken deren Anhänger möglicherweise nicht auch ganz unterschiedlich? Wie findet man heraus, was ein Mitglied oder Wähler der AfD denkt? Vielleicht wählt er strategisch. Vielleicht wählt er rein aus Protest gegen Frau Merkel die AfD und stimmt sonst nicht mit deren Positionen überein.

Darmstadt 98 hat sich einen Schnellschuß erlaubt, um mal so richtig gutmenschlich zu wirken. Was die Leute tatsächlich denken, die da im Stadion stehen und ihre Mannschaft anfeuern, werden sie gottlob nicht herausfinden können. Erst vergangenes Jahr hat der Stadtrat übrigens 15 Millionen Euro für die Sanierung des maroden Stadions „Böllernfalltor“ in Darmstadt herausgerückt. Wenn es beim Betteln um Staatsknete damals  auf die Stimmen von AfD-Vertretern im Kommunalparlament angekommen wäre, hätte sich der Verein wohl kaum so großmäulig produziert wie jetzt.