© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/18 / 31. August 2018

Da sagt der Landmann: Es ist gut
Bundesregierung: Durch die Dürre in Not geratene Bauern sollen staatliche Hilfe erhalten
Christian Vollradt

Wegen der diesjährigen Dürre können Landwirte staatliche Hilfen erhalten (JF 38/18). Wie Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) am Mittwoch vergangener Woche in Berlin bei der Vorstellung des Ernteberichts mitteilte, steuert der Bund 150 bis 170 Millionen Euro bei; die gleiche Summe müssen die Länder aufbringen, so daß zusammen bis zu 340 Millionen Euro an Hilfen zur Verfügung gestellt werden. Dem stehen gemeldete Einbußen in Höhe von etwa 680 Millionen Euro gegenüber. Die verteilen sich jedoch sehr unterschiedlich über das Bundesgebiet (siehe Grafiken). Besonders betroffen ist der Norden des Landes. Von April bis Juni habe es laut Deutschem Wetterdienst „die bisher höchste Temperaturanomalie seit Beginn der Wetteraufzeichnung 1881“ gegeben, sagte die Ministerin. Außer bei Getreide sind die Rückgänge vor allem bei Rauhfutter – also zum beispiel Heu, Klee oder Luzernen – immens. Damit fehlen den Tierhaltern die wichtigsten Futterpflanzen für die Winterfütterung.

Viehhalter organisieren Selbsthilfe beim Futter

Klöckner betonte, die staatliche Unterstützung sei keine Vollkaskoversicherung. Ihr Ministerium möchte eine sogenannte Existenzgefährdungsprüfung durchsetzen. Demnach kann Finanzhilfen erwarten, bei wem trotz eines zumutbaren Eingriffs in das Betriebs- und Privatvermögen oder trotz Aufnahme eines größeren Kredits und nach Inanspruchnahme anderer Fördermittel, die Weiterbewirtschaftung bis zum nächsten Wirtschaftsjahr nicht gewährleistet sei. Nach Angaben der Länder sind derzeit rund 10.000 Betriebe – also etwa jeder 25. Hof – exis­tentiell gefährdet. 

Unterdessen organisieren viele von der Dürre betroffene Betriebe auch die Selbsthilfe. So hat etwa die Landwirtschaftskammer Niedersachsen inzwischen eine Grundfutterbörse eingerichtet, die nach Branchenangaben bereits gut genuzt wird. Abgeraten wird den Tierhaltern allerdings vom Zukauf von Stroh oder Heu aus osteuropäischen Ländern. Denn in Polen, dem Baltikum, Rumänien und Tschechien, Weißrußland, der Russischen Föderation oder der Ukraine breitet sich die Afrikanische Schweinepest weiter aus. So besteht die Gefahr, das Virus über Futtermittel und Einstreu einzuschleppen. Die Preise für Grassilage stiegen bereits innerhalb weniger Wochen um über zehn Prozent.

Die Summe für die Dürrehilfe ist im Vergleich zu der im Hitzesommer 2003, als es 80 Millionen Euro vom Staat gab, hoch. Relativ niedrig ist sie jedoch verglichen mit der weit über 50 Milliarden Euro teuren Bankenrettung und den 5 Milliarden Euro Steuergeldern für die Abwrackprämie 2009.

Immerhin stiegen die Preise für eine Tonne Weizen im Vergleich zum Vorjahr zeitweise deutlich. Dabei hilft der höhere Preis nicht jedem Landwirt. Denn wer bereits vor der Ernte mit den Abnehmern einen Vertrag über eine bestimmte Menge für einen bestimmten Preis geschlossen hatte, muß liefern – auch wenn er wegen der Dürre möglicherweise zuwenig geerntet hat; dann muß die Differenz vom Bauern zugekauft werden. Und während etwa in nassen Jahren Landwirte ihr Getreide trocknen oder aber Abzüge beim Preis für zu feuchte Ware hinnehmen müssen, gibt es umgekehrt keinen „Bonus“, wenn Weizen oder Gerste wie in diesem Jahr besonders trocken sind. 

Die AfD-Opposition im Bundestag warf der Regierung unterdessen vor, das überlange Zögern der Ministerin habe die Lage vieler Betriebe noch verschlechtert. Die Fraktion forderte zudem, den Bauern die steuerrechtliche Möglichkeit von Gewinnrückstellungen in guten Ertragsjahren einzuräumen, damit sie so mögliche Verluste in schlechten Jahren innerbetrieblich mildern könnten, teilte der agrarpolitische Sprecher Stephan Protschka mit.