© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/18 / 31. August 2018

Schwimmende Breitspureisenbahn von Mukran nach Memel
Beispielloser Kraftakt
(ob)

Eine „Brücke der Freundschaft zum Lande Lenins“ sollte ein im Oktober 1986 kurz vor Ultimo realisiertes Mammutprojekt der DDR schlagen. Es handelte sich um die „schwimmende Breitspureisenbahn“, die Mukran auf Rügen mit dem sowjetlitauschen Hafen von Memel (Klaipeda) im 48-Stunden-Takt Weltmaßstäbe setzender Eisenbahnfähren verband. Auch vom Westen als technologische Spitzenleistung und „beispielloser Kraftakt“ des SED-Staates bestaunt, war der zwei Milliarden DDR-Mark verschlingende, 1981 begonnene „Bypaß über die Ostsee“ nach nur fünf Jahren Arbeit fertig. Das Tempo diktierte dabei, wie Wolfgang Klietz in seiner Studie über die militärpolitischen Hintergründe des Projekts beleuchtet (Pommern, 1/2018), das sowjetische Brudervolk. Denn Moskau bestand auf einer zuverlässigen Trasse nach Westen, um den Nachschub für die in der DDR stationierten Truppen zu gewährleisten, da das Transitland Polen nach Aufkommen der Solidarnosc-Bewegung im Herbst 1981 als „unsicherer Kantonist“ im Warschauer Pakt galt. Auf dem Seeweg ließen sich ab 1986 sogar Atomwaffen in die DDR schaffen. Probleme ergaben sich nur noch in Mukran, wo etwa die Gastarbeiter aus Mosambik eine so geringe Arbeitsmoral zeigten, daß „Tätlichkeiten“ zwischen ihnen und einheimischen Kräften wiederholt das Entladen der Fähren behinderten. 


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