© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/18 / 31. August 2018

Bis zum Verrat der Wissenschaft
Politologen simulieren Rechtspopulismusforschung“: Fixierung auf das Elitenprojekt Einwanderung
Dirk Glaser

Wie unterschiedlich Natur- und Kulturwissenschaftler  „Forschung“ auch immer betreiben, gemeinsam ist ihnen doch das Ziel, neues Wissen über ihren Untersuchungsgegenstand, sei es der Bau der Materie, seien es die Ursachen des Zweiten Weltkrieges, zu gewinnen. Dieses Selbstverständnis moderner, voraussetzungsloser Wissenschaft hebt sich seit Beginn der Neuzeit deutlich ab von dem, was im Mittelalter als Wissenschaft galt, als der christliche Glaube und sein Weltbild ihre Fragestellungen, Methoden und Ziele determinierte und die Philosophie als „Leitwissenschaft“ nichts weiter als die „Magd der Theologie“ war. 

Nur eine Suggestion fachlich kontroverser Forschung

Auf Forschung, die neues Wissen über die Welt hervorbringt, konnten und mußten die auf die Bestätigung des alten, überkommenen Wissens verpflichteten Kleriker-Gelehrten unter den Augen der Kirche daher weitgehend verzichten. Letzte Spuren dieser strengen Bindung des Wissens an den Glauben finden sich noch in den lateinischen Statuten deutscher Universitäten um 1800, die Professoren dazu anhielten, darauf zu achten, daß in Dissertationen keine Neuerungen vorkämen („ne quid novi insit“).

Gemessen daran vollzieht sich in einigen Sparten der deutschen Politikwissenschaft ein seit der Wiedervereinigung forcierter Rückfall ins Mittelalter. Denn vom voraussetzungslosen, ergebnisoffenen, auf neue Erkenntnisse gerichteten Forschen kann in jenen ihrer Teildisziplinen, die sich mit „Migration, Gender, Feminismus, Rassismus, Antisemitismus, Rechtsextremismus“ und neuerdings „Populismus“ befassen, nicht ansatzweise die Rede sein. Stattdessen wetteifert man in diesen Pseudowissenschaften um die Befestigung und Vermittlung des ersatzreligiösen Glaubens an die postmoderne „multikulturelle“ Heilsordnung, einer Creatio ex nihilo, die entstehen soll aus dem „Sozialexperiment“ (Yascha Mounk) der Zerstörung der relativ homogenen Kulturvölker Europas durch Masseneinwanderung von Millionen exotischer, kulturfremder bis sogar kulturfeindlicher Landnehmer. 

Was herauskommt, wenn als Wissenschaftler verkappte Ideologen in Aktion treten, zeigt exemplarisch das Themenheft „Populismus“ der Politischen Vierteljahresschrift (2/2018). Dessen Einleitung stammt vom Redaktionsmitglied Samuel Salzborn, derzeit Gastprofessor am Antisemitismus-Institut der TU Berlin, um 2000 erstmals exponiert mit geschichtsklitternden Attacken gegen die Vertriebenenverbände. Ein Restbewußtsein von der mangelnden wissenschaftlichen Seriosität seines Gewerbes hat Salzborn allerdings bewahrt. Arten die knapp zwei Seiten seines Einleitungstextes doch in einen penetranten, schlechtes Gewissen kompensierenden Beschwörungszauber aus, der nicht weniger als sechzehnmal betont, was den Leser erwarte: Forschung, ein Forschungsfeld, eine Forschungsdebatte, „Forschungsaufsätze zur Rechtspopulismusforschung“, „Forschungsergebnisse von Forschern, die seit Jahrzehnten forschen“. Schlechter Stil verrät hier einmal mehr faules Denken. Verknüpft mit der Suggestion, es ginge bei dieser von „Fachdebatten“ geprägten vermeintlichen Forschung „fachlich kontrovers“ zu.

Neue Bewegungen in uralte Schablonen pressen

Eine Hochstapelei, die sich bei der Lektüre der uniformen Beiträge von Ruth Wodak (Lancaster/Wien), Michael Minkenberg (Frankfurt/Oder), Frank Decker (Bonn) und Ursula Birsl (Marburg) schnell als solche entlarvt. Das überrascht nicht, denn, ausgenommen die 1950 geborene Wodak, die als Linguistin begann, weisen deren Verfasser ebenso wie Salzborn, der zudem als Korrespondent für die linksextremistisch-antideutsche Postille Jungle World tätig war, eine akademische Sozialisation auf, die dank des „progressiven“ politischen Engagements dieser postmodernen Kleriker primär von SPD und Gewerkschaften gefördert worden ist. 

Zudem weist ihr politisches Interessengebiet eine signifikant frühe Verklammerung der Themen „Rechtsradikalismus und Antisemitismus“ mit „Migration“ auf. Insoweit musterhaft verlief die Karriere der „Demokratieforscherin“ Birsl: 1988 Diplom-Sozialwirtin, leitete sie von 1989 bis 2005 verschiedene – dem „Kampf gegen Rechts“ sei Dank – „Drittmittelprojekte zu Rechtsextremismus“ und baute das „Forschungsprojekt Migration, Migrationspolitik und Interkulturalität in Westeuropa und der EU“ auf. Bei soviel weltanschaulicher Vorbelastung, bei so einhellig obsessiver Fixierung auf propagandistische Schützenhilfe für das neoliberale Elitenprojekt des „Großen Austausches“, muß der Erkenntnisgewinn der Aufsätze zum „Populismus“ zwangsläufig hinter wissenschaftliche Standards zurückfallen. 

Nicht alle formulieren dabei derart plump wie die 2003 mit dem einschlägigen „Willy-und-Helga-Verkauf-Verlon-Literaturpreis“ für „antifaschistische österreichische Publizistik“ ausgezeichnete Ruth Wodak, die sich dem von der FPÖ initiierten „fremdenfeindlichen Rechtsruck“ in Österreich widmet, um die seit 2017 mitregierenden „Freiheitlichen“ kurzerhand als „rechtsextrem“ („wie ich behaupte“) abzufertigen. Aber alle sind bemüht, wie es einschlägige UN- und EU-Dokumente zum „Resettlement“ („Umsiedlung“), zum Abfluß des afrikanisch-orientalischen Bevölkerungsüberschusses Richtung Westeuropa empfehlen, die neuen „populistischen“ Bewegungen in uralte Schablonen zu pressen und sie als „rechtsextremistisch“, „antisemitisch“, „islamfeindlich“ zu brandmarken, um die eigentliche Ursache ihrer Entstehung und die Rationalität ihrer gegen das „Sozialexperiment“ Umvolkung gerichteten Politik zu vernebeln. 

Allein den Martin-Schulz-Wahlkampfhelfer Frank Decker beschleicht bei solcher „Dämonisierung“ ein ungutes Gefühl. Könnte „Populismus“ doch womöglich auf „reale demokratische Defizite“ antworten?