© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/18 / 07. September 2018

Urteil im Fall Mia
Zweierlei Recht?
Nicolaus Fest

Zu acht Jahren und sechs Monaten Haft ist Abdul A. verurteilt worden, der Mörder der 15jährigen Mia in Kandel. Viele halten das Urteil für zu niedrig, vor allem im Vergleich mit zwei anderen Entscheidungen: Den fast zehn Jahren Haft für einen Pegida-Anhänger, der in Dresden eine Moschee mit Rohrbomben attackierte, wobei niemand verletzt wurde. Und den Bewährungsstrafen für den Brandanschlag dreier Palästinenser auf die Synagoge in Wuppertal.

Das Urteil im Synagogenfall, bei dem die Richter keine antisemitischen Motive erkennen wollten, sondern den Anschlag als „politischen Protest“ werteten, ist schlicht ein Skandal. Als Maßstab scheidet es aus. Das Urteil gegen den Bombenbauer aus Dresden ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das Gericht erkannte auf versuchten Mord und besonders schwere Brandstiftung. Dafür sind neuneinhalb Jahre Haft nicht überzogen. Ob Abdul A. zur Tatzeit voll strafmündig war, ließ sich nicht zweifelsfrei feststellen. Daher wurde er nach Jugendstrafrecht verurteilt. Dort sind für Mord zehn Jahre die Höchststrafe. Daß die Richter darunter blieben, ist nicht recht verständlich, liegt aber in ihrem Ermessen. Auch dieses Urteil ist daher in Ordnung.






Dr. Nicolaus Fest ist Jurist und Journalist. Er war bis September 2014 stellvertretender Chefredakteur der Bild am Sonntag.