© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/18 / 07. September 2018

Am allergrößten ist sein Ego
Ein FBI-Chef begleicht offene Rechnungen
Thorsten Brückner

Es ist die Abrechnung eines Enttäuschten. Die Wut eines Geschaßten gepaart mit dem Hochmut eines Mannes, der sich für jedes Amt für geeignet hält. Und so überrascht es auch nicht, daß im Buch des früheren FBI-Chefs James Comey Selbstkritik keinen allzu breiten Raum einnimmt. Dabei hätte der ehemalige New Yorker Anwalt allen Grund dazu. Mit seinem Lavieren in der E-Mail-Affäre um Hillary Clinton beeinflußte er maßgeblich die US-Präsidentschaftswahl 2016.

Mit dem neuen Präsidenten Donald Trump geriet er schnell in Konflikt. Trump habe von ihm Loyalität eingefordert, so der Vorwurf Comeys. „Eine höhere Loyalität“ (A higher loyality) lautet übrigens der englische Titel. Redlichkeit, Ehrlichkeit, Offenheit, Transparenz sind die Eigenschaften, die Comey sich selbst zuschreibt und Trump abspricht. Auch ein enger Berater des Präsidenten, der frühere New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani, rückt dabei ins Visier. Sätze wie „Der gefährlichste Ort in New York ist der zwischen Rudy und einem Mikrofon“, machen deutlich: Auch gegenüber seinem früheren Vorgesetzten begleicht Comey noch offene Rechnungen.

Der frühere Republikaner, der für die Präsidentschaftswahlkämpfe von John McCain (2008) und Mitt Romney (2012) spendete, sieht sich genau wegen Trump und Giuliani von seiner ehemaligen Partei verlassen. Kürzlich rief er dazu auf, bei den Zwischenwahlen im November 2018 für die Demokraten zu stimmen. Zur Glaubwürdigkeit seines Buches tragen solche Unterstützungsbekundungen wohl nicht bei.

Ansonsten erfährt der Leser viel darüber, wie Comey zu dem wurde, was er heute ist, wie er etwa durch einen Einbruch in sein Elternhaus seine Liebe für Recht und Gerechtigkeit entdeckte und so später die Anwaltslaufbahn eingeschlagen hat. Und Comey gibt Auskunft über seine Arbeit als stellvertretender Justizminister unter John Ashcroft während der Bush-Administration. Anschaulich beschreibt Comey seinen Kampf um die Gunst Bushs im Streit um widerrechtliche NSA-Überwachungsprogramme. Sein Gegner damals: Vizepräsident Dick Cheney, der auf eine Fortsetzung der illegalen Bespitzelung gedrängt haben soll. Unter dem Strich bleibt für viele deutsche Leser zuwenig von der Lektüre übrig.

James Comey:  Größer als das Amt. Auf der Suche nach der Wahrheit – der Ex-FBI-Direktor klagt an. Droemer Verlag, München 2018, gebunden, 384 Seiten, 19,99 Euro