© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 39/18 / 21. September 2018

Gisèle Littman. Trotz Übertreibungen hat sie sich um die Islamkritik verdient gemacht.
Kampf gegen Eurabien
Fabian Schmidt-Ahamd

Sie machte den Ausdruck „Eurabia“ zu einem politischen Begriff und verfaßte mit ihrem Buch „Der Niedergang des orientalischen Christentums unter dem Islam“ (1996) gewissermaßen das Gründungsdokument heutiger Islamkritik. Zuvor trat Gisèle Littman, die heuer 85 wird, vor allem als Ehefrau des britischen Menschenrechtsaktivisten David Littman in Erscheinung. In „Niedergang“, das sie unter dem hebräischen Pseudonym Bat Ye’or („Tochter des Nils“) veröffentlichte, schlug sich auch ihre Biographie nieder.

Als Jüdin 1933 in Kairo geboren, erlebte sie den Aufstieg der Moslembruderschaft aus unmittelbarer Nähe. Die damit verbundene schrittweise Entrechtung und Erniedrigung aller Nicht-Moslems im öffentlichen Leben, die in der Flucht der Familie 1957 nach Großbritannien mündete, sollte sie ihr Leben lang prägen. In London traf sie ihren späteren Ehemann, der die Staatenlose heiratete und mit ihr 1960 in die Schweiz zog. Hier nun schuf sie die quellensatte, mit viel Verve geschriebene Islamkritik.

Einem breiten Publikum vermittelte Littman heute geläufige Begriffe aus dem Arabischen wie „Dhimmi“ (Schutzbefohlene) oder „Kuffar“ (Ungläubige) als Teile eines Gewohnheitsrechtes, mit dem islamische Herrscher zum einen die öffentliche Wahrnehmbarkeit ihrer Suprematie, zum anderen die Islamisierung der unterworfenen Gesellschaft sicherstellten. Für Europäer kein akademisches Problem, wie die dreifache Mutter in „Eurabia. The Euro-Arab Axis“ (2005), ihrem zweiten Hauptwerk, darlegt.

Hier trug Littman Hinweise zusammen, wonach seit Anfang der siebziger Jahre in der Europäischen Gemeinschaft, vor allem in Frankreich, der Plan zirkuliere, mit arabischen Staaten zu einem Machtblock zu verschmelzen – begleitet von einem großangelegten Programm zur Ansiedlung von Muslimen in Europa, inklusive einer konsequent positiven Berichterstattung über die islamische Kultur. 

„Verschwörungstheoretikerin“, so lautet seitdem der Vorwurf gegen Littman. Und tatsächlich hat das Buch etliche Schwächen, etwa die Motivation, die Littman ausmacht: So sieht sie hinter dem angeblichen Eurabia-Plan antiisraelische und antiamerikanische Kräfte am Werk, die noch auf alten NS-Strukturen aufbauten. Überhaupt, so eindeutig dualistisch sind die politischen Verhältnisse nicht – auch was die von Littman verklärten USA betrifft. So ist etwa Amerikas Schützling Saudi-Arabien an dem weltweit sich ausbreitenden frömmelnden Islam ja keineswegs unbeteiligt. Dennoch bleibt Gisèle Littmans großes Verdienst, wichtige Denkanstöße zu geben. Sicher kann man ihr einige abenteuerliche Verschrobenheiten vorwerfen, muß aber auch erklären, weshalb der jetzige EU-Amoklauf in Sachen Masseneinwanderung sich so harmonisch in ihre jahrealte Theorie einfügt.