© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 39/18 / 21. September 2018

Unter den Teppich gekehrt
Fernsehen: Die Serie „Charité“ beleuchtet Berlins berühmtestes Krankenhaus / Von Affären weiß sie nichts
Richard Stoltz

Voriges Jahr lief im Fernsehen Sönke Wortmanns Serie über die Geschichte der Berliner Charité, nach einem Drehbuch der Grimme-Preisträgerin Dorothee Schön. Die sechs Folgen wurden gerade im Ersten wiederholt; demnächst steht die zweite Staffel ins Haus. Die Dramaturgie des Werkes ist gut. Der Zuschauer erstarrt geradezu vor Bewunderung über die Selbstlosigkeit der agierenden Ärzte und Medizinforscher und zieht den Hut. Alles dreht sich bei ihnen einzig um das Wohl der Patienten und um das Glück der Menschheit. Nach Geld fragt niemand. 

Dabei gehören speziell zur neueren Geschichte der Charité eine Reihe von Geldaffären, die Schatten auf das legendäre Forscher-Krankenhaus  der Humboldt-Universität werfen und die zu besichtigen ebenfalls sehr lehrreich gewesen wäre. Was ist etwa aus dem Verfahren geworden, das die Berliner Staatsanwaltschaft vor Jahren gegen das Haus wegen Verdachts der Bilanzfälschung eingeleitet hatte? Es ging dabei um Summen von bis zu 40 Millionen Euro.

Die Charité hatte die Gelder als „Drittmittel“ zur Förderung bestimmter Forschungsvorhaben „eingeworben“, hätte aber, so der Staatsanwalt, gewisse „Restsummen“ nach Abschluß der jeweiligen Forschungsprojekte nicht umgehend zurückgezahlt, sondern sie auf eigens dafür angelegten Sonderkonten verbucht, sie gewissermaßen für den Einsatz bei weiteren Forschungen „geparkt“.

Die Verantwortlichen in der Charité vermochten darin kein kriminelles Delikt zu erkennen. Im übrigen werde man, hieß es, „alles tun, um den Fall voll aufzuklären“, man werde deshalb eng mit der Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten. Passiert ist danach aber nichts mehr, wenigstens weiß die Öffentlichkeit davon nichts. Die Affäre wurde allem Anschein nach regelrecht unter den Teppich gekehrt, Sönke Wortmann und der ARD zum Trotz. Transparenz bei Vorgängen in der so lebenswichtigen Krankenfürsorge und Medizinforschung sieht anders aus.