© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 39/18 / 21. September 2018

Haltungsnote
Wider den osmanischen Zeitgeist
Jörg Fischer

In den Top Ten der ausländischen Belzebuben ringt Recep Tayyip Erdogan oft um den medialen Spitzenplatz. Dennoch wird der türkische Präsident am 28. September pompös als Staatsgast in Berlin empfangen – es lockt unter anderem ein Milliarden-Auftrag der türkischen Eisenbahn.

Als Staats-, Regierungs-, Militär- und Parteichef erscheint Erdogan allmächtig. Als Boß des Staatsfonds TVF, dessen Juwel Turkish Airlines (TK) ist, muß er sich aber nach dem Geschmack von zig Millionen Ungläubigen richten, wie die neue Kollektion für die Flugbegleiterinnen beweist: Die „dynamischen Designs, die vom Mailänder Haute Couturier Ettore Bilotta entworfen wurden“, präsentiere den Passagieren „eine neue und ganzheitliche visuelle Identität“, schwärmt die TK-Presseabteilung. Die Uniformen reflektierten „Formen und Farben des Bosporus mit seiner Energie und Dynamik, für die Istanbul als Schmelztiegel zwischen Ost und West steht“ – sprich: Die Steigerung der Fluggastzahlen von 68,6 auf 74 Millionen klappt ohne freies Efes, Rak? und edlen Wein in der Kabine sowie mit einem Kopftuch-Look à la Iran und Saudi Air nicht. Und angesichts der türkischen Währungskrise braucht Erdogan dringend Devisen – osmanischer Zeitgeist hin oder her.