© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/18 / 28. September 2018

DVD: Der Nebelmann
Rothaarige verschwinden
Werner Olles

Ein kleines Bergdorf in einem Tal der italienischen Alpen. Ein junges Mädchen ist hier verschwunden: Anna Lou, 14 Jahre alt, rothaarig und hübsch, aber streng erzogen von ihren bigotten Eltern, die einer christlichen Sekte namens „Bruderschaft“ angehören. Da die örtliche Polizei mit dem Fall überfordert ist, zieht sie den Sonderermittler Vogel (Toni Servillo), einen Spezialisten für Entführungen, hinzu. Der ältere Kriminalist, der seine eigenen Methoden hat, bekommt schnell heraus, daß vor dreißig Jahren in dem Dorf bereits ein halbes Dutzend rothaariger junger Mädchen verschwunden ist, die nie wieder auftauchten.

Vogels Verdacht fällt auf Anna Lous Lehrer (Alessio Boni), dem aber zunächst nichts nachzuweisen ist. Als sich der Verdacht erhärtet, weil man Anna Lous DNA im Auto des Lehrers entdeckt, wird er festgenommen, muß aber nach kurzer Zeit wieder entlassen werden. Der Fall läßt Vogel jedoch keine Ruhe. Er will „das Monster“ zur Strecke bringen und schreckt dabei auch nicht vor einem Mord zurück. Auf der Polizeistation erzählt er dem Psychiater (Jean Reno) seine Geschichte, ohne zu ahnen, daß dieser selbst tief in die Entführungen der Mädchen vor dreißig Jahren verstrickt ist …

Donato Carrisi inszenierte „Der Nebelmann“ („La ragazza nella nebbia“, 2017) nach seinem eigenen gleichnamigen Roman, und dies ist auch die große Schwachstelle des Films. Denn Carrisi ist zwar ein gefeierter Thriller-Autor („Der Todesflüsterer“), versagt aber als Regisseur. Schwerfällig und langatmig inszeniert, ohne Gefühl für ein realistisches Bild des eigentümlichen Dorflebens bietet „Der Nebelmann“ nur wenig Spannung. Die Handlung wirkt in weiten Teilen konstruiert und vorhersehbar, und selbst die Darsteller agieren wenig überzeugend.

Carrisi wollte sich nicht mit den Bild- und Denkschemata des Thriller-Genres zufriedengeben, sondern bemühte einen aufgesetzt wirkenden „Überbau“. So scheint Carrisi an der menschlichen Tragödie der Ereignisse kaum interessiert, nach den ersten eindringlichen Szenen geht das übergreifende Konzept relativ schnell verloren und verliert sich in eher oberflächlichen und unbedeutenden Details, so daß auch die gesellschaftspolitischen Aspekte in Beliebigkeit untergehen.

DVD/Blu-ray: Der Nebelmann. Koch-Media 2018, Laufzeit etwa 122 Minuten