© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/18 / 28. September 2018

Philosophisches Krisenmanagement mit Karl Marx
Lotse in Zeiten zunehmender Unruhe
(wm)

Um etwas für eine gerechtere Weltordnung zu tun, finanziert der Hamburger Reedereierbe und SPD-Politiker Erck Rickmers das in diesem Jahr gegründete und der HU Berlin angegliederte Center for Humanities and Social Change. Dessen Leitung hat kein Wirtschafts- oder Sozialwissenschaftler, sondern Rahel Jaeggi übernommen, die an der HU Praktische Philosophie lehrt. Sie traut sich zu, „die ökonomisch sehr komplexen Zwänge, die auf uns durch die Finanzkrise der letzten Jahre ausgeübt werden“, zu verstehen und davon ausgehend gleich „unser Gesellschafts- und Wirtschaftssystem“ zu durchleuchten. Lotse in dieser „Zeit zunehmender Unruhe“ soll ihr dabei Karl Marx sein. Was man bei ihm lerne, sei weniger, „daß es ein Skandal ist, wie die Welt ist, etwa im Fall ökonomischer Ungleichheit“, als seine Form analysierender, nicht nur moralisierender Kritik (UnAufgefordert, 2/2018). Davon profitiere das gegenwärtige Schwerpunktthema am Center, das die Krise des Kapitalismus in Beziehung zur Krise der Demokratie setze. Durch die Globalisierung sei die alte bundesdeutsche Vorstellung, der Kapitalismus lasse sich demokratisch-wohlfahrtsstaatlich zähmen, „etwas ins Kriseln geraten“. Wie Jaeggi ihren Interviewern von der „Studierendenzeitung“ der HU verrät, sei sie jedoch sicher, vom „Reflexionsraum“ ihres Centers aus als philosophierende Krisenmanagerin noch „etwas bewegen“ zu können. 


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