© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/18 / 05. Oktober 2018

Josef Bresan ist Frontmann der Band Jankahanka, die Besonderes zu bieten hat.
Hänsel und Gretel
Sebastian Hennig

Crostwitz ist eine Gemeinde mit sechs Ortsteilen und etwa tausend Einwohnern inmitten der Lausitz, dem Siedlungsgebiet der Sorben. Alles begann, als dort vor sechs Jahren zwei jungen Burschen mit Freude am Musizieren einen Einfall kam: Josef Bresan, damals Mitte Zwanzig, und sein Freund Boséij Pawlik gewannen ihre jüngeren Brüder Jan und Syman – und Gitarrist, Bassist, Trompeter und Keyboard-Spieler waren zusammen, schließlich ergänzt um den Schlagzeuger Max Schneider, und fertig war: Jankahanka

Jankahanka? Das ist die sorbische Entsprechung zu Hänsel und Gretel – man singt schließlich nicht deutsch oder englisch, sondern sorbisch. Das Signet des Quintetts zeigt mal das Grimmsche Geschwisterpaar verloren im tiefen Wald, verfolgt vom gräulichen Auge der Hexe, mal ein zopfschwingendes Mädel im Kleid, das seinen Burschen mit starken Armen vor sich in die Höhe stemmt – was die feste Bindung der Musiker in der Tradition heimatlichen Liedguts bei gleichzeitig unbefangenem Umgang mit moderner Rock-und Popmusik versinnbildlicht. 

Die fünf Jungs von Jankahanka versetzen ihr Publikum auf Dorffesten ebenso in Wallung wie auf Festivals oder in städtischen Klubs. Sie machen es, wie es in der Wolle gefärbte Musiker seit je halten: Was ihnen gerade paßt, dessen bedienen sie sich, der Rest wird beim Musizieren entwickelt. Als Rockband bestehen sie neben den Ensembles des internationalen Folklorefestivals der Lausitz in ihrer Vaterstadt. Und als Volksmusikkapelle lassen sie Klubgäste tanzen. Das traditionelle Liedgut der Sorben empfinden sie nicht als Beschränkung, im Gegenteil. Der schlaksige Josef Bresan verrät: „Wir spielen die Volkslieder nicht einfach härter. Wir ändern das ganze Arrangement und singen die alten Texte mit neuen Melodien.“ Jankahankas Erfolg beweist, wie bereichernd ein ungetrübtes Verhältnis zu den Quellen des Eigenen ist. Und das wollen sie sich auch nicht trüben lassen, denn es geht den fünf Hänseln spürbar um die Freude: die eigene Freude am Spiel und die, die sie dem Publikum schaffen.

Das finden sie nicht nur in der Lausitz, sondern ebenso in ihrer neuen Heimatstadt Dresden, wie in Berlin oder Prag. Im Deutschlandfinale des größten internationalen Nachwuchsfestivals „Emergenza“ 2014 errangen sie den sechsten Platz. Die Empfehlung der Jury, auf englisch oder deutsch zu singen, konterte Frontman Bresan: „Sicher sind wir heimatverbunden, aber nicht deshalb singen wir auf sorbisch. Sondern weil uns diese Sprache näher (...) sie unser aller Muttersprache ist.“ In Prag spielten sie jüngst im berühmten Klub „Malostranská beseda“ auf. Inmitten der Hackbrettmusik und der Dudelsackklänge ihrer mährischen und südböhmischen Kollegen, vertraten sie das westliche, slawisch geprägte Musikantentum.