© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/18 / 12. Oktober 2018

Frisch gepresst

Antisemiten. Der Antisemitismusvorwurf geistert oft durch Diskussionen über das deutsch-jüdische Verhältnis oder die Politik des Staates Israel. Diesem heiklen Thema widmet sich der Soziologe Moshe Zuckermann. Der Sohn von Holocaust-Überlebenden, der als Dozent an der Universität Tel Aviv lehrt, unterzieht zunächst den Zionismus einer fundierten Analyse. Es folgt eine kritische Betrachtung der komplizierten Verhältnisse innerhalb der israelischen Gesellschaft. Zuckermann spart dabei auch nicht das schwierige Thema der Trennung von Staat und Religion aus. Die Beziehungen zwischen Palästinensern und Israelis werden ebenfalls in schonungsloser Offenheit untersucht. In dem Kapitel über Deutschland spürt er den Auswüchsen des Antisemitismus im 21. Jahrhundert nach. Er behandelt die Hintergründe des von Moslems importierten Judenhasses und erklärt, was es mit „Berlin trägt Kippa“ auf sich hatte. Das lesenswerte Buch wird von einem Beitrag der Journalistin Susann Witt-Stahl über die deutsche Linke und ihr Verhältnis zum Antisemitismus abgerundet. (ag) 

Moshe Zuckermann: Der allgegenwärtige Antisemit oder Die Angst der Deutschen vor der Vergangenheit. Westend Verlag Frankfurt am Main 2018, broschiert, 255 Seiten, 20 Euro





Haltung. Vorweg: Vor diesem Buch sei gewarnt. Nein, nicht wegen der Autorin Anja Reschke an sich, der Moralgranate aus der ARD-„Panorama“-Redaktion. Durchaus hätten ihre Reflexionen zum Thema Gesinnung und „Haltung zeigen“, wie das Bändchen im A6-Format betitelt ist, interessant sein können – hätte sie etwa dreist den Bogen noch weiter überspannt und richtig provoziert oder wäre sie klug in die Tiefenschicht des Themas vorgestoßen oder hätte sie auch die Fähigkeit zur Selbstkritik gezeigt. Das alles würde auch Reschke-Kritiker interessieren. Doch nichts davon. Wohltemperiert plätschert der Text vorhersehbar dahin: Haltung habe sie schon von ihrer Großmutter gelernt, wozu auch ein gerader Rücken und angemessene Kleidung gehörten; heute vermisse sie das ein bißchen in ihrer Welt. Diese war wohlgeordnet, bis 2015 mit der Opposition gegen die Flüchtlingspolitik das böse Alte erneut sein häßliches Haupt erhob, sich Reschke schon vor einem neuen 1933 wähnte, sie und andere dann aber Haltung zeigten und die Demokratie retteten. Erbauungsliteratur für Fans. (mo)

Anja Reschke: Haltung zeigen! Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2018, gebunden, 94 Seiten, 5 Euro