© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/18 / 12. Oktober 2018

Frisch gepresst

Faschismus. Über den Faschismus ist viel Kluges publiziert worden. Dieses Buch gehört nicht dazu. Es ist ein dummes Buch, ärgerlich in seiner Schlichtheit. Was ein Faschist ist, weiß Albright in einem Satz zu sagen: Wer sich mit seinem Land identifiziert, die Rechte anderer mißachtet, in der Wahl der Mittel nicht zimperlich ist und den Anspruch erhebt, für die große Mehrheit zu sprechen. Abgesehen vom ersten Punkt ist das eine zutreffende Beschreibung Merkels. Aber Albright nennt andere: Orbán, Trump, den tschechischen Präsidenten Zeman, den polnischen Parteichef Kaczynski. Für Erdogan hat sie immerhin Verständnis, auch für Venezuelas linken Diktator Chavez, der „viel zu jung starb“. Richtig schlimm ist Putin. Doch der ist gerade kein Faschist, „weil er es nicht nötig hat“. Schlimm aber ist Gauland und die „Wiedergeburt des germanischen Triumphalismus“. Ob Albright je eine der unaufgeregten Reden des AfD-Fraktionschefs gehört hat? Doch für sie steht ohnehin fest: Alle diese neurechten Gruppierungen „erhalten finanzielle Unterstützung aus Rußland“. Belege? Braucht sie nicht. Dafür ist die EU toll, und der Milliardär Soros sowieso. (nf)

Madeleine Albright: Faschismus. Eine Warnung. DuMont Buchverlag, Köln 2018, gebunden, 320 Seiten, 24 Euro





Polen. Das Land zwischen Oder und Bug rangiert bei den Reisezielen unter „ferner liefen“, der Anteil deutscher Schüler, die Polnisch lernen, liegt im Null-Komma-Bereich, und wegen der rechtsgerichteten Regierung in Warschau steht Polen in den deutschen Massenmedien unter Daueranklage. Der langjährige Polen-Korrespondent Gerhard Gnauck will zum 100. Jahrestag der Wiedererlangung polnischer Staatlichkeit das unter Vorurteilen und Ignoranz verschüttete wirkliche Polen freischaufeln, so daß der erste Satz des packenden Textes „Wir Deutsche haben ein Problem mit Polen“ nicht auf ewig wahr bleibt. In zehn Kapiteln faltet Gnauck ein weißrotes Panorama von 1918 bis Sommer 2018 auf – detailreich, aber dennoch kompakt fokussierend. Durch Krieg und Vorkrieg führt der in Warschau geborene Autor stark anhand polnischer Narrative, wohingegen die Stärke des Buches in der Schilderung der jüngeren Zeit liegt. Sehr gelungen: das faire Porträt Jaroslaw Kaczynskis. Eine Zeittafel der polnischen Geschichte macht das Buch zu einem kleinen Nachschlagewerk. (ru)

Gerhard Gnauck: Polen verstehen. Geschichte, Politik, Gesellschaft. Klett-Cotta-Verlag, Stuttgart 2018, broschiert, 320 Seiten, 9,95 Euro