© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/18 / 12. Oktober 2018

Frisch gepresst

Handysüchtig. Etwa die Hälfte aller Smartphone-Nutzer verbringt mehr als fünf Stunden pro Tag mit den Geräten; bei den 13- bis 18jährigen sollen es einer Untersuchung in den USA zufolge sogar neun Stunden sein. Eine „ernsthafte“ Technikfolgenabschätzung liege für das Smartphone jedoch nicht vor, moniert der Psychiater und Bestsellerautor Manfred Spitzer in seinem vierten den elektronischen Medien gewidmeten Buch, mit dem er über die Risiken und Gefahren aufklären will. Denn dieser exzessive Umgang habe massive Auswirkungen, so der Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik in Ulm, vor allem bei Kindern und Jugendlichen: körperliche wie Schlafstörungen, Kurzsichtigkeit, Übergewicht, Bluthochdruck, Haltungsschäden, seelische wie Depressionen und Suchtverhalten. Dazu kommen negative Effekte auf die Bildung, das Denkvermögen und die Intelligenz sowie auf das Sozialverhalten. Spitzer belegt das erneut mit einer Fülle von Beispielen, Umfragen, wissenschaftlichen Studien, Fachaufsätzen zum Thema, Grafiken und Tabellen; allein sein Literaturverzeichnis umfaßt 45 Seiten mit 477 Nachweisen. (tha)

Manfred Spitzer: Die Smartphone-Epidemie. Gefahren für Gesundheit, Bildung und Gesellschaft. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2018, gebunden, 368 Seiten, 20 Euro





Berührungslos. Auf Aristoteles Bezug nehmend, beschreibt Zeit-Journalistin Elisabeth von Thadden den Tastsinn als einzigen der menschlichen Sinne, „ohne den das Tier Mensch eingehen müsse“. Die trotz des alltäglichen Begrüßungs-umarmens wahrgenommenen Defizite sozialer Nähe veranschaulicht die Literaturwissenschaftlerin anhand eigener Anekdoten und handfester Fakten. Als beispielhafte Extreme von Berührungen führt sie zum einen eine schöne Frau an, die „von einem schemenhaften Phantasiegebilde aus weißem Seifenschaum innig umarmt wird“, zum anderen einen kleinen Jungen, „der Stiefvaters Hiebe mit der Haselnußgerte empfing“. Sie lotet aus, was zwischen modernem Streben nach Unversehrtheit und dem animalischen Wunsch nach Nähe eine „gute“ Berührung ist. (mp)

Elisabeth von Thadden: Die berührungslose Gesellschaft. Verlag C. H. Beck, München 2018, broschiert, 205 Seiten, 16,95 Euro