© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/18 / 19. Oktober 2018

Ländersache: Saarland
Politklüngel im Sportverband
Christian Schreiber

Annegret Kramp-Karrenbauer hat in der vergangenen Woche gleich zwei Bücher veröffentlicht. Der Generalsekretärin der CDU werden Ambitionen nachgesagt, eines Tages Angela Merkel als Bundeskanzlerin abzulösen. In ihren Veröffentlichungen setzt sich „AKK“ mit Zukunftsthemen des Landes auseinander. Zu ihrer eigenen politischen Vergangenheit im Saarland schweigt sie lieber. Das ist vielleicht auch besser so. 

Bevor sie 2011 Ministerpräsidentin des Saarlandes wurde, war die 56jährige als Ministerin in verschiedenen Ressorts auch für den Sport des kleinsten Flächenlandes der Republik verantwortlich. Die Vereinsdichte im Saarland ist groß, fast jeder zweite Einwohner ist in einem Sportclub Mitglied. Dachorganisation aller Sportaktivitäten ist der Landessportverband (LSVS), der aus Mitteln der staatlichen Toto-Gesellschaft finanziert wird. Der LSVS ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, an seiner Spitze standen in den vergangenen Jahrzehnten ausnahmslos Spitzenpolitiker von CDU und SPD. Im kleinen Saarland galt der LSVS mitsamt seinem Olympiastützpunkt als Aushängeschild. Spitzensportler wie Jan Frodeno, Olympia-Sieger im Triathlon, wurden bei den Mächtigen herumgereicht. Bis Ende des vergangenen Jahres die Bombe platzte. 

Der Sportverband hat jahrelang über seine Verhältnisse gelebt. Mindestens 15 Millionen Euro sind verschwunden, die Altlasten sollen noch höher sein. Gemerkt haben will das niemand. Auch nicht Kramp-Karrenbauer. Als zuständige Ministerin hatte sie über Jahre die Rechtsaufsicht über den LSVS. Die Berichte der Wirtschaftsprüfer seien nicht auffällig gewesen. Diese bestreiten das. Mit den Vorgängen befaßt sich mittlerweile ein Untersuchungsausschuß des Landtags, juristische Konsequenzen sind ebenfalls absehbar. Das frühere LSVS-Präsidiumsmitglied Eugen Roth, immerhin stellvertretender Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion, hat einen Strafbefehl über 10.000 Euro akzeptiert und sich als Sportfunktionär zurückgezogen. 

Ihm und seinen Kollegen wird vorgeworfen, dem amtierenden Innen- und Sportminister Klaus Bouillon (CDU) anläßlich seines 70. Geburtstags eine Feier in den Räumen der Sportschule spendiert zu haben. Eine Rechnung wurde erst gar nicht, dann deutlich verspätet gestellt. Nicht akzeptiert hat Franz-Josef Schumann, Präsident des Saarländischen Fußballverbands, den Strafbefehl. Der  langjährige LSVS-Vize war politisch zunächst auf dem CDU-Ticket Landrat, dann Präsident des Sparkassen- und Giroverbands. Er strebt einen öffentlichen Prozeß an, „um meine Unschuld beweisen zu können.“ Auf der Anklagebank wird ihm Klaus Meiser begegnen.

Die einstige Graue Eminenz der Saar-CDU ist tief gefallen. Als Landtagspräsident versorgte er seine Lebensgefährtin mit einem Nebenjob beim LSVS. Die Amateurkicker seines Heimatvereins durften auf der Anlage der Sportschule kostenlos kicken und feiern – auf Kosten des Hauses natürlich. Der Geschäftsführer, der dies absegnete, wurde mittlerweile ins Innenministerium abgezogen. Dort gibt man sich weiterhin ahnungslos. Daß die eigenen Beamten kostenlos in den LSVS-Hallen schwimmen und turnen durften, habe man ebensowenig bemerkt wie die Tatsache, daß die Polizei in den Krafträumen des Sportverbands ihre Muskeln stählen durfte. Gratis versteht sich.