© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/18 / 19. Oktober 2018

Grüne schwimmen auf Erfolgswelle
Parlamentswahl Luxemburg: Christsoziale bleiben stärkste Kraft, doch die linksliberale Koalition kann weiterregieren
Josef Hämmerling

Auch in Luxemburg setzte sich eine grüne Erfolgswelle fort. Bei den Kammerwahlen stimmten am vergangenen Sonntag 15,1 Prozent der Wähler für die Grünen, die damit fünf Prozentpunkte mehr als vor fünf Jahrenerreichten. Nur durch diesen Zugewinn besitzt die bisherige Regierungskoalition von Liberalen (DP), Sozialdemokraten (LSAP) und Grünen noch eine Mehrheit. Denn die Koalitionspartner mußten deutliche Einbußen hinnehmen. So fiel der Stimmenanteil der DP von 18,3 auf 16,9 Prozent und der der LSAP von 20,3 auf 17,6 Prozent. 

Zusammen erreichen die drei Parteien damit 31 der insgesamt 60 Stimmen im Luxemburger Parlament. Stärkste politische Kraft bleiben aber wie 2013 die Christsozialen (CSV), die allerdings deutliche Verluste hinnehmen mußten und nur noch auf 28,3 Prozent kommen (2013: 33,7 Prozent). 

Vor fünf Jahren mußte die damals mit Abstand größte Partei Luxemburgs in die Opposition. Dieses Jahr sieht es auch danach aus. Denn der bisherige Premier Xavier Bettel von den Liberalen sagte nach ersten Gesprächen mit den Grünen und Sozialdemokraten, der Wahlausgang sei „ein phantastisches Resultat, und wir wollen weiterhin Regierungsverantwortung übernehmen“. 

Rechtskonservative ADR kann zulegen

Der sozialdemokratische Parteichef Etienne Schneider erklärte zwar, seine Partei, die das dritte Mal in Folge Stimmen verlor, habe Gesprächsbedarf, gleichzeitig ließ er jedoch wissen, daß er zu einer Fortführung der Koalition tendiere. 

Der Spitzenkandidat der Christsozialen, Claude Wiseler, sieht in dem Wahlausgang dagegen einen „klaren und deutlichen Auftrag an die CSV, in Luxemburg Politik zu gestalten“. Als mit 21 Mitgliedern stärkste Fraktion in der Abgeordnetenkammer sei die CSV  „in der Zukunft selbstverständlich bereit, Verantwortung zu übernehmen“. Die meisten Wahlbeobachter, darunter die Politwissenschaftler Michel Dormal und Mario Hirsch, erwarten aber eine Fortsetzung der Dreier-Koalition. Nur so könnten die Grünen als der eigentliche Wahlsieger in ein Regierungsbündnis eingebunden werden, erklärte Hirsch. Zudem müßte der bisherige Premierminister Bettel von der DP in einer Regierung mit der wesentlich größeren CSV Wiseler den Vorrang geben. 

Eine rechnerisch ebenfalls mögliche Koalition zwischen CSV und Grünen wird dagegen von allen politischen Analysten für ausgeschlossen gehalten. Das große Wahlziel der Christsozialen, eine Regierungsmehrheit ohne eine Beteiligung der CSV unmöglich zu machen, wurde somit klar verfehlt. Nach Ansicht Dormals sei der „zahme Wahlkampf der CSV ein strategischer Fehler“ gewesen, der die Wähler westlich der Mosel und nicht ansprach und sie nicht mobilisierte.

Überraschend gut schnitt die Piraten-Partei ab, deren Stimmenanteil von 2,9 auf 6,5 Prozent stieg und die damit erstmals mit zwei Abgeordneten im Parlament vertreten ist. Sie profitierte von ihrer Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen, mehr Datenschutz und einer Basisdemokratie mit mehr Entscheidungen durch die Bürger. 

Die rechtskonservative Alternative Demokratische Reformpartei (ADR)  verbesserte sich von 6,6 auf 8,3 Prozent, bleibt damit aber weiterhin in der Opposition, ebenso wie die Linke, die ihren Stimmenanteil von 4,9 auf 5,5 Prozent steigerte. 

Wie in Luxemburg nach Wahlen üblich, hat Bettel inzwischen gegenüber Großherzog Henri seinen Rücktritt erklärt, bleibt aber geschäftsführend weiter im Amt. Der Großherzog muß nun entscheiden, wer mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt wird.