© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 44/18 / 26. Oktober 2018

Grüße aus San Francisco
Es steht viel auf dem Spiel
Elliot Neaman

Die „Halbzeitwahlen“ am 6. November stehen vor der Tür – und keiner geht hin? Bereits am 8. Oktober wurden die Briefwahlscheine versendet. Bei den Vorwahlen im Frühling machten etwa 75 Prozent der kalifornischen Wähler von dieser Möglichkeit Gebrauch, und auch diesmal ist davon auszugehen, daß viele ihre Stimme schon vor dem eigentlichen Wahltag abgeben werden – und zwar unter dem Eindruck der aktuellen Nachrichtenlage, die zuletzt wochenlang von den hitzigen Debatten um die Bestätigung von Brett Kavanaugh im Supreme Court dominiert wurde. 

Nach Ansicht der Meinungsforscher haben die Demokraten am ehesten eine Chance, die für eine Mehrheit erforderlichen 23 Sitze im Repräsentantenhaus und zwei Sitze im Senat dazuzugewinnen, wenn sie bei Frauen mit College-Abschluß und einem suburbanen Lebensstil punkten können. 

Sowohl für Demokraten als auch Republikaner steht eine Menge auf dem Spiel.

Aus Sicht vieler Wählerinnen dürften sowohl die gegen Kavanaugh erhobenen Anschuldigungen als auch die Angst, daß seine Nominierung für den Supreme Court die Aufhebung des Rechts auf Abtreibung zur Folge haben wird, stichhaltige Argumente für eine Stimmabgabe zugunsten der Demokraten darstellen. Entsprechend stark ist aber auch die Motivation für die republikanische Parteibasis – insbesondere die Anhänger des Präsidenten –, diesen Machtwechsel im Kongreß um jeden Preis zu verhindern. 

Wie so oft in den USA wird die Höhe der Wahlbeteiligung über den Ausgang entscheiden. Bei den Halbzeitwahlen in der Mitte der Amtszeit des jeweiligen Präsidenten liegt diese traditionell bei rund 40, teilweise auch nur 30 Prozent. Vor vier Jahren bequemten sich nur acht Prozent der 18- bis 24jährigen in Kalifornien zur Stimmabgabe. 

Nun sind überall Initiativen – oft von Jungwählern selbst ins Leben gerufen – aus dem Nährboden der Social-Media-Netzwerke gesprossen, die dafür sorgen wollen, daß es diesmal anders aussieht. Ihre Bemühungen scheinen Früchte  zu tragen. Offiziellen Angaben zufolge liegt die Zahl der registrierten Wähler um 1,5 Millionen höher als vor vier Jahren. 

Für beide Seiten steht so viel auf dem Spiel, daß diese Wahlen sich in vieler Hinsicht als die folgenschwersten seit dem US-amerikanischen Bürgerkrieg erweisen könnten. Die Verheißung Lincolns, „mit Groll gegen niemanden, mit Nächstenliebe für alle“ die „Wunden unserer Nation“ heilen zu wollen, wird sich auf jeden Fall nicht erfüllen.