© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 44/18 / 26. Oktober 2018

Blick in die Medien
Die andere „Late-Night-Show“
Tobias Dahlbrügge

Wie schön, daß man Satire und Unterhaltung nicht exklusiv den Böhmermännern des Galama-Fernsehens überlassen muß. Das Internet bietet zum Glück Alternativen – zum Beispiel das Format 451°, das einmal im Monat freitags um 20 Uhr eine neue Folge auf Youtube hochlädt.

Die Sendung in Form einer Late-Night-Show bietet Medienkritik mit Augenzwinkern. Moderator Reza Abadi begrüßt die Zuschauer aus einem Studio mit gelber Atommüllfässer-Deko und einem Martin-Schulz-Pappaufsteller, der ein AfD-Plakat hält, im Hintergrund.

Den Hang zu Rußland gibt man selbstironisch mit „Dauerkremlsendung“ an.

Produziert wird das Format vom Sender RT Deutsch, man darf also getrost eine große Kelle Rußlandfreundlichkeit bei gleichzeitiger USA-Kritik erwarten. Doch die Macher spielen selbstironisch mit diesem Vorbehalt und blenden den Hinweis „Dauerkremlsendung“ ein.

In den bisherigen Folgen wurde unter anderem die Berichterstattung über die EU-Krise analysiert, über die Verhältnisse in Afghanistan berichtet oder gefragt, was eigentlich der Internationale Währungsfonds IWF macht. In Chemnitz suchte der Moderator nach „Nazis“, und immer wieder fängt er unfreiwillig komische bis haarsträubende Passantenmeinungen ein. Als „Running Gag“ werden krude Kommentare vom grantigen Berliner Kiez-Kauz „Kommissar O’burg“ eingeblendet.

Die Zugriffszahlen der Episoden schwanken erheblich. Das Interview mit dem „schwarzen Nazi“ Serge Menga über seine Sympathie für die AfD sahen gut 270.000 Nutzer, von denen über fünftausend einen „Daumen hoch“ daließen.

451° ist manchmal etwas platt, aber oft informativ und zuweilen lustig und subtil. Auf jeden Fall ist es erfrischend anders. Und was die „Dauerkremlsendung“ angeht, wird man „in der ersten Reihe“ bedeutend unangenehmer indoktriniert. Tip: Selbst anschauen und beurteilen.