© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/18 / 09. November 2018

AfD, Verfassungsschutz und Meinungsfreiheit
Nicht alles dürfen müssen
Christian Vollradt

Angenommen, jemand vertritt die These, der Mond bestehe aus grünem Käse. Wäre er ein Fall für die Justiz? Mitnichten! Schließlich herrscht Meinungsfreiheit. Andernfalls wäre der Staat autoritär. Aber angenommen, unser Jemand wäre Mitglied der Astronomischen Gesellschaft. Hätte diese Grund, ihn auszuschließen? Mit Sicherheit. Andernfalls machte sie sich zum Gespött ihrer wissenschaftlichen Zunft. 

Übertragen auf die Debatte um „rote Linien“ in der AfD: Wer fordert, inhaltlich müsse alles zulässig sein, was nicht gegen Strafgesetz oder Verfassung verstößt, sollte die Herkunft des Begriffs noch einmal in Erinnerung rufen. Partei kommt von „pars“, lateinisch für Teil. Daß eine Partei also nur einen Teil und nicht alles abdeckt, liegt in der Natur der Sache. Die Grenzen für alle(s) zu öffnen – das ist doch eine Kernbotschaft der AfD – erweist sich selten als segensreich. 

Ja, die „Keule“ Verfassungsschutz wird von etablierten Parteien gerne geschwungen, um der mißliebigen Konkurrenz faire Wettbewerbschancen zu verhageln. Ja, der Korridor des gesellschaftlich Tolerierten ist rechts der Mitte eingeschränkter als links. Das ist ungerecht, in der Tat. Doch ist es klug, diese Realität auszublenden, nur um nicht der Leisetreterei geziehen zu werden? Eine Partei sollte keine Denk- und Sprechverbote aufstellen. Im Gegenteil: Sie sollte ihre Mitglieder ausdrücklich zum Denken ermuntern. Am besten, bevor sie sprechen.