© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/18 / 09. November 2018

Zeitschriftenkritik: Pulsar
Volkskrankheit Sucht
Werner Olles

Über Süchte spricht niemand gern, dennoch prägen sie immer stärker unsere Gesellschaft. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) könnte bereits 2050 jeder dritten Krankheit ein Suchtproblem zugrunde liegen. Ein wahrlich düsteres Szenario bei gleichzeitiger Bagatellisierung sogenannter „weicher Drogen“ wie Cannabis oder dem massenhaften Medikamentenmißbrauch durch Benzodiazepine wie beispielsweise Diazepam (Valium). Am stärksten heruntergespielt werden jedoch die weltweit häufigsten Alltagsdrogen Alkohol und Nikotin. Über 14 Millionen Deutsche konsumieren soviel Alkohol, daß sie schwere gesundheitliche Schäden wie Hepatitis, Leberzirrhose, Bauchspeicheldrüsenkrebs etc. davontragen, ganz abgesehen von den psychischen und sozialen Folgen für die Betroffenen.

Pulsar, die zehnmal jährlich mit einer Auflage von derzeit 18.000 Exemplaren erscheinende Zeitschrift für „aktives Bewußtsein, Gesundheit, Therapie und innere Entwicklung“, befaßt sich in ihrer aktuellen Ausgabe (Nr. 9, November 2018) mit dem Phänomen der Sucht und den dahinterstehenden Motiven. Denn natürlich geht der Sucht – der Begriff deutet bereits darauf hin – eine Sehnsucht voraus, die oft aus Krisen, seelischen und körperlichen Schmerzen hervorgegangen ist, bis hin zu „modernen“ Aspekten der Sucht, den virtuellen Süchten, von denen vielfach – denken wir nur an Handys oder Computer – schon Kinder und Jugendliche heimgesucht werden.

Dabei schreien die Nachteile zum Himmel: Rauchen verkürzt das Leben um durchschnittlich sechseinhalb Jahre, und jeder Suchtkranke beeinträchtigt mit seinem Suchtverhalten im Schnitt zehn seiner Mitmenschen. Rauschmittel wie Crystal Meth führen zu einer veränderten „Suchtkultur“, die ähnlich wie bei Heroin meist mit Beschaffungskriminalität und/oder Prostitution einhergeht. Immer ist das Ziel der Sucht die Flucht aus der Realität beziehungsweise die verzweifelte Suche nach etwas, was einem im Leben fehlt wie Liebe, Anerkennung, Respekt. Abhängigkeitserkrankungen kommen in allen gesellschaftlichen Schichten vor, und bei jedem zweiten Suchtkranken findet sich eine weitere psychische Erkrankung, am häufigsten Persönlichkeitsstörungen, Depressionen, manifeste Ängste, Überforderungssituationen, Leistungsdruck, Streßbelastungen und Schlafstörungen.

Mediziner und Psychotherapeuten wissen aus Erfahrung, daß die Entscheidung für den Entzug von dem Süchtigen selbst stammen muß. Der Wille, die eigene Freiheit wiederzuerlangen, ist genauso wie die Erkenntnis der Wurzeln der Sucht Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie. In gewisser Hinsicht ist Sucht damit eine Krankheit, von der sich letztendlich nur der Betroffene selbst wirklich heilen kann.

Weitere Beiträge in dem Pulsar-Heft befassen sich mit den ersten Erfolgen bei der Suche nach Alternativen zu Opioiden und der Erforschung des Faktors guter Lebensqualität für Demenzkranke.

Kontakt: Bach Verlag, A-8072 Heiligenkreuz, Wutschdorf 89. Das Einzelheft kostet 3,90 Euro, ein Jahresabo 38 Euro.

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