© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/18 / 16. November 2018

80 Erzkonservative setzen May zu
Großbritannien: Beim Thema Brexit gehen die Wogen hoch / Tories spielen mit Plan B
Josef Hämmerling

Die Brexit-Verhandlungen gehen in die entscheidende Runde. Beide Seiten pokern hoch, um ihre Interessen durchzusetzen. Und Vertreter sowohl der Brexit-Befürworter als auch der Brexit-Gegner werfen der jeweils anderen Seite vor, zu überziehen. So trat Jo Johnson  von seinem Amt als Transportminister  mit der Begründung zurück: „Was jetzt vorgeschlagen wird, hat nichts mit dem zu tun, was vor zwei Jahren versprochen wurde.“ Das geplante Abkommen ordne Großbritannien nämlich dauerhaft der EU unter. Gleichzeitig forderte Johnson ein neues Referendum. Was der Sache eine besondere Brisanz verleiht: Jo Johnson ist der Bruder von Ex-Außenminister Boris Johnson, der zu den treibenden Kräften bei den Tories für den Brexit gehörte. 

Als eines der Hauptprobleme erweist sich die Nordirland-Frage. Zur Durchsetzung des Brexits im Parlament ist Premierministerin Theresa May auf die Hilfe der nordirisch-protestantischen Partei DUP angewiesen. Deren Vorsitzende Arlene Foster stellte in einem veröffentlichten Brief an May klar: „Wir werden keine Vereinbarungen mittragen, die Nordirland vom Rest des Königreichs trennen und an die EU-Zoll- und Regierungsvorschriften binden.“ 

Der Unmut steigt, und die Zeit läuft davon 

Hierzu passen Forderungen erzkonservativer englischer Konservativer, die auf der Vorherrschaft im Norden der irischen Insel bestehen. In einem Artikel des Sunday Telegraph drohten Steve Baker, Vize-Chef der European Research Group, einer einflußreichen Anti-EU-Vereinigung, und Sammy Wilson, Brexit-Sprecher der DUP, unverhohlen mit einer Ablehnung einer möglichen Einigung der britischen Regierung mit der EU im britischen Parlament, falls May den „historischen Fehler“ begehe, lieber die Interessen der EU zu berücksichtigen als „ein unabhängiges und geeintes Großbritannien zu schaffen“. Diese Gruppe der Brexit-Hardliner wird auf 80 Personen geschätzt, was das Aus für Mays Pläne bedeuten würde, denn die Konservativen und die protestantische DUP verfügen im britischen Parlament nur über eine Mehrheit von fünf Stimmen!

Medienberichten zufolge sollen mehrere britische Tory-Abgeordnete nicht zuletzt deswegen einen Plan B für den Ausstieg aus der EU vorgelegt haben. Danach soll Großbritannien bis 2021 weiterhin EU-Mitgliedsbeiträge zahlen, die Regeln des Blocks befolgen und weiter in der Zollunion bleiben. Dadurch bestehe die Möglichkeit, in aller Ruhe zu verhandeln und jetzt nicht unter Zeitdruck vielleicht Dinge zu unterzeichnen, die einem schon in naher Zukunft weh tun, weil sie nicht ausgegoren seien. Die Premierministerin soll diese Pläne mit der Aussage „Sie sind unnötig“ aber kategorisch abgelehnt haben.