© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/18 / 16. November 2018

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Der Sonntag gehört dem Wald. Es lockt ein goldener Spätherbsttag. Spaziergang mit Hund, wenigstens zwei Stunden lang, einfach mal die Seele baumeln lassen. Das dichte Laub raschelt unter den Füßen, milde Sonnenstrahlen durchbrechen die lichten Baumwipfel, würzige Waldluft betört die Sinne. Oder um es mit dem Dramatiker und Lyriker  Christian Friedrich Hebbel zu sagen: „Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!“ Sogleich erinnere ich auch ein Gedicht von Heinrich Heine: „Das gelbe Laub erzittert,/ Es fallen die Blätter herab;/ Ach, alles, was hold und lieblich,/ Verwelkt und sinkt ins Grab.// Die Gipfel des Waldes umflimmert/ Ein schmerzlicher Sonnenschein;/ Das mögen die letzten Küsse/ Des scheidenden Sommers sein.“


Abends mit Freunden ins Kino zu „Bohemian Rhapsody“, dem biographischen Filmdrama über Freddie Mercury und den Aufstieg der späteren Kultband Queen. „Wir sind vier Außenseiter (…) und wir spielen für andere Außenseiter, die Ausgestoßenen ganz hinten im Saal, die vollkommen sicher sind, daß sie auch niemals dazugehören, zu denen gehören wir“, erklärt Mercury vor dem großen Durchbruch des Rockquartetts einem Musikproduzenten; anderthalb Jahrzehnte später spielt Queen im ausverkauften Londoner Wembley-Stadion beim Benefizkonzert „Live Aid“ für die Afrika-Hungerhilfe, das von rund 1,5 Milliarden Zuschauern im Fernsehen verfolgt wird. Der von Kameramann Newton Thomas Sigel großartig in Szene gesetzte Auftritt bildet nach über zwei Stunden den Schlußpunkt dieses Bio-Pictures, das vor allem durch seinen Hauptdarsteller Rami Malek besticht. Dessen intensives Spiel wird dem exzentrischen, 1991 an den Folgen seiner Aids-Erkrankung verstorbenen Freddie Mercury in jedem Moment gerecht. „In dieser Band ist nur Platz für eine Drama Queen“, sagt er an einer Stelle zu seinen Bandkollegen, und wie der 37jährige Malek diese schwierige Rolle zwischen glamouröser Erscheinung auf der einen, innerer Zerrissenheit und tiefer Einsamkeit auf der anderen Seite verkörpert, ist höchst sehenswert.


Ganz im Zeichen einer anderen, ebenfalls in den siebziger Jahren großgewordenen Band wird der kommende Freitagabend stehen, wenn es bei „Lady in Black“ von Uriah Heep heißt: „She came to me one morning …“ Die Truppe um Leadgitarrist Mick Box, das einzige noch verbliebene Gründungsmitglied, präsentiert im Berliner Admiralspalast ihr neues Album „Living the Dream“ (JF 38/18) – und sicher auch diesen Welthit. Ah, ah, ah, ah, ah, ah