© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/18 / 30. November 2018

Aufgeschnappt
Pikierte Hoheiten
Matthias Bäkermann

Sollte das alles umsonst gewesen sein? Ausgerechnet hundert Jahre nach der Revolution? Der „Bund für Geistesfreiheit“ (bfg) ist aufgebracht. Deshalb hat die weniger auf Protokollfragen als auf atheistische Angelegenheiten spezialisierte Körperschaft des öffentlichen Rechts den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder in einem offenen Brief kritisiert: „Wir hoffen sehr, daß es Ihnen nicht entgangen ist, daß Bayern seit dem 8. November 1918 keine Monarchie mehr und das ‘Haus Wittelsbach’ seither abgesetzt ist und nicht mehr regiert“, beckmessern die Münchner bfg-Aktivisten Michael Wladarsch und Wolfram Kastner. Grund für ihre „Verwunderung“ ist Söders Begrüßung „des Familienältesten des abgesetzten und abgedankten Wittelsbach-Clans“ während des Festaktes „100 Jahre Freistaat Bayern“ im November als „Eure königliche Hoheit“. 

Für die Benennung von „Hoheiten, die einer vordemokratischen Vergangenheit angehören“, gebe es heute laut Verfassung „keine Rechtsgrundlage“ mehr. Bestehende Gepflogenheiten „gehören abgeschafft“, zitierte die Mittelbayerische Zeitung vergangenen Samstag die pedantisch-strengen „Aktionskünstler“, deren meist links konnotierte Happenings stets dadurch hervortraten, protokollarische Fragen grob zu mißachten.