© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/18 / 30. November 2018

Schlacht um den Ökostrom
Klimahysterie: Sie bringt zwar nichts, kostet dafür aber um so mehr
Markus Brandstetter

Der Exekutivdirektor des UN-Umweltprogramms, der Norweger Erik Solheim, mußte kürzlich von seinem Posten zurücktreten, weil er seit Dienstantritt an vier von fünf Tagen nicht im Büro war, in kaum zwei Jahren jede Menge überflüssiger Dienstreisen rund um die Welt unternommen und dabei eine halbe Million Euro an Spesen verbraten hatte. Ein prominenter Klimaforscher nennt Solheims Erster-Klasse-Flugreisen rund um den Globus im Guardian den „Gipfel der CO2-Heuchelei“. Bis vor wenigen Tagen war Solheim einer der Männer, die im Auftrag der Vereinten Nationen den Mitgliedsstaaten vorschreiben, wie deren Umweltpolitik auszusehen hat. Wäre Solheim im Dezember noch Chef des UN-Umweltprogramms gewesen, dann hätte er die 24. UN-Klimakonferenz eröffnet, die vom 3. bis 14. Dezember im oberschlesischen Kattowitz stattfindet.

Im Bewußtsein der Öffentlichkeit jagt eine Klimakonferenz die nächste, folgt ein Klimagipfel auf den anderen, werden Begriffe wie Rio-Erklärung, Kyoto-Protokoll und Paris-Abkommen von Politikern andauernd zitiert, obwohl sie den meisten Menschen nichts sagen. Was also soll da jetzt in Polen wieder verhandelt werden? Die Wahrheit hinter all den banalen Pressemitteilungen, den inhaltslosen Internet­seiten und den nichtssagenden Zeitungsberichten ist einfach: In Kattowitz soll das, was 1992 in Rio de Janeiro begonnen, 1997 im Kyoto-Protokoll fortgeführt und 2015 im Übereinkommen von Paris endgültig beschlossen wurde, in die Praxis umgesetzt werden. In Kyoto waren verbindliche Zielwerte für den Ausstoß von Treibhausgasen in den Industrieländern festgelegt worden, mit dem Ziel, die globale Erwärmung zu stoppen, während in Paris beschlossen wurde, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius gegenüber der Zeit vor der Industrialisierung zu senken.

Für Deutschland schließt sich in Kattowitz also der Kreis einer Argumentation, die noch während der rot-grünen Regierung Schröder in den Jahren 1998 bis 2005 begonnen hatte, aber erst unter Angela Merkel so richtig in Schwung kam. In der Novelle zum Erneuerbare-Energien-Gesetz von 2009 wurde festgelegt, den Anteil von Energie aus Wind, Wasser und Sonne an der Stromversorgung bis 2020 auf mindestens 30 Prozent zu erhöhen.

Und dann ging es Schlag auf Schlag: Auf jeden noch so bewaldeten, noch so steilen und noch so unberührten Hügel wurde eine Windturbine montiert, die Fledermäuse und Vögel zu Brei zermanscht, die Landschaft nachhaltig verschandelt, aber, wenn frisch der Wind aus Westen weht, nebenbei auch etwas Strom produziert. Parallel dazu wurde den Deutschen aufs Dach gestiegen. Wo ehemals Ziegeldächer rot in der Sonne leuchteten, schimmern nun braun die mit Photovoltaikanlagen zugepflasterten Solar-Dächer. Parallel und fast unbemerkt wurde das Land mit grün getarnten Biogasanlagen überzogen, in denen der unter lebensfeindlichen Bedingungen in Monokulturen angebaute EU-Mais vergoren und gegen eine heftige Einspeisevergütung in edlen Biostrom umgewandelt wird. Schließlich wurden auch noch Pelletheizungen gefördert, in denen Kokosnußschalenschnipsel aus dem fernen Afrika verfeuert werden, wofür halbe Urwälder sterben müssen, was sich bei Grünen und CDU anscheinend noch nicht herumgesprochen hat.

All das haben die Bürger nie gewollt, aber Merkel war das immer egal, weil die von ihr runderneuerte CDU sich seit einem Jahrzehnt von den Grünen hetzen läßt wie der Hase von den Hunden und der Wählerauftrag sowieso das letzte ist, was eine Merkel interessiert. Nein, sie schwebt seit Jahren in einem selbstinduzierten Wachkoma, in dem sie ihren Träumen einer perfekt linksgrünen Öko-Republik mit fehlgeleiteter, aber bemerkenswerter Konsequenz nachgeht. Die seit über zehn Jahren andauernde Schlacht um den Ökostrom hat den Bürgern und der Umwelt kaum etwas gebracht, nur der Strompreis, der hat sich für die Haushalte seit 2000 verdoppelt –- und ein Ende ist nicht in Sicht.

Nun ist die UN-Umweltpolitik, für die ein Erik Solheim so unermüdlich um den Globus gereist ist und kraft seines Amtes seiner Frau einen gutdotierten Umweltposten zugeschanzt hat, ja eine globale Angelegenheit. Rio, Kyoto, Paris, all die Beschlüsse der vielen Umweltgipfel, die sich kein Mensch merken kann, haben Auswirkungen auf die ganze Welt. Da stellt sich doch die Frage: Hat die Hektik eigentlich etwas gebracht? Haben all die Windräder, die Solaranlagen und die dezentralen Holzhackschnitzelkraftwerke bislang irgend etwas an der Erderwärmung, am Treibhauseffekt und der Klimaveränderung zum Positiven hin verändert?

Die Antwort lautet: leider nicht. Einige Länder haben in den vergangenen zehn Jahren ihre CO2-Emissionen – das Treibhausgas schlechthin – tatsächlich deutlich gesenkt, Spitzenreiter ist Kanada, aber auch in Luxemburg, Österreich, Dänemark und sogar den USA gehen die Werte zurück. Diese Erfolge werden allerdings durch eine Gegenbewegung in China, Indien, Rußland und Ölförderländern wie Saudi-Arabien komplett zunichte gemacht. Chinesen und Inder blasen zusammen fast 40 Prozent der weltweiten CO2-Produktion in die Luft, während die deutschen Emissionen seit 1990 sinken und heute gerade einmal zwei Prozent der Weltbilanz ausmachen. Das bedeutet: Die vielen deutschen Windräder, Solaranlagen, Energiesparbirnen und der Rückgang beim Kohlebergbau haben auf die Erderwärmung null Auswirkung. In Kattowitz werden Politiker, Bürokraten, Journalisten und der Nachfolger von Erik Solheim natürlich ganz etwas anderes erzählen, aber das gehört zum Klima-Handwerk einfach dazu.