© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/18 / 30. November 2018

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Spektakuläre Premiere
Christian Vollradt

Manchmal verlaufen Premieren ganz unscheinbar und werden fast nicht wahrgenommen. So wie am Mittwoch vergangener Woche im Raum E 700 des Paul-Löbe-Hauses. Da tagte morgens um 8 Uhr, eine Stunde vor Beginn der Generaldebatte zum Bundeshaushalt, der Petitionsausschuß, nicht öffentlich. Normalerweise kein Termin, der Aufsehen erregt. Parlamentarisches Schwarzbrot sozusagen. Es lungerten auch keine Massen an Journalisten vor der von einem Mitarbeiter des Bundestags gehüteten Tür, um sich auf jeden Abgeordneten zu stürzen, der den Saal kurz verläßt. Doch als sich die Ausschußmitglieder um kurz vor 9 auf den Weg Richtung Plenarsaal machten, war etwas bis dahin in dieser Legislaturperiode noch nie da gewesenes passiert: Beide Koalitionsfraktionen, Union und SPD, sowie die FDP haben einem Antrag der AfD zugestimmt.

Dem Vernehmen nach sollen es zumindest die Sozialdemokraten im Ausschuß zähneknirschend getan haben. Aber mit diesem Votum der Mehrheit gegen die Stimmen von Grünen und Linkspartei gab das Gremium doch noch grünes Licht dafür, eine Petition gegen den Migrationspakt zu veröffentlichen. Im Vorfeld hatte es Kritik an der Nichtveröffentlichung von Petitionen gegen die UN-Vereinbarung gegeben. Dafür verantwortlich war der Ausschußdienst aus Mitarbeitern des Bundestages. Der hatte seine Entscheidung unter Verweis auf Richtlinien und politische Erwägungen begründet. Dabei handelte es sich jedoch lediglich um ein vorläufiges Votum. Ausschlaggebend ist die Entscheidung der gewählten Abgeordneten.

Mittlerweile hat die Petititon von Ludwig Englmeier, die stellvertretend für insgesamt 56 weitere auf der Seite des Bundestags hochgeladen wurde, das für eine öffentliche Anhörung nötige Quorum längst erreicht. Über 86.000 Petenten waren es bei Redaktionsschluß, bis zum 19. Dezember kann noch mitgezeichnet werden. Zwischendurch war sogar mehrmals der Server des Bundestags in die Knie gegangen. Mißtrauen erregte, daß die Unterzeichnerzahlen stark schwankten und immer wieder auch nach unten gingen. Wurde da etwa manipuliert? Nein, sagte die Parlamentsverwaltung. Ein Sprecher des Bundestages sagte auf Nachfrage der JUNGEN FREIHEIT: „Die Zahl der eingegangenen Mitzeichnungen verringert sich tatsächlich nicht, da jede von ihnen gezählt wird. Allerdings kann in Zeiten starker gleichzeitiger Zugriffe die Anzeige kurzfristig darunter leiden, so daß nicht die wirklich registrierte Anzahl erscheint.“ Man habe jedoch an einer Lösung dieses technischen Problems gearbeitet. 

Für den AfD-Obmann im Petitionsausschuß, Johannes Huber, ist dieser Abstimmungserfolg ein „Sieg für die Demokratie“. Es sei notwendig, „daß über diese wesentliche Entscheidung der Bundesregierung das Parlament öffentlich debattiert und die Bürger mitdiskutieren können“, sagte der Abgeordnete aus Bayern der JF. Somit hatte eine unspektakuläre Premiere fernab der großen Öffentlichkeit doch noch ein gar nicht so geringes Echo.