© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/18 / 30. November 2018

Deutschland im Öko-Wahn
Energiewende: Wie Klimahysterie und Industriefeindlichkeit die Gesellschaft verändern
Michael Paulwitz

Wenn die Stichworte „Bio“, „Öko“ oder „Klimaschutz“ fallen, wird die ökonomische Vernunft in Deutschland außer Kraft gesetzt. Umweltschutz und Ressourcenschonung liefern den fadenscheinigen Vorwand für staatliche und supranationale Akteure, sich als Generalplaner einzumischen, um Handel und Gewerbe zu gängeln und die Freiheit der Bürger einzuschränken, über ihr Privateigentum zu verfügen und selbst für sie Entscheidungen zu treffen. Die JUNGE FREIHEIT gibt hier einen Überblick über die folgenschwersten und für den Normalbürger teuersten Projekte und Maßnahmen, die schon heute unseren Alltag verändern, sich im Portemonnaie schmerzlich bemerkbar machen und nicht zuletzt Deutschlands Leistungs- und Zukunftsfähigkeit untergraben.





Atomausstieg

Zehntausende Tote kostete die Tsunami-Katastrophe vor sieben Jahren in Japan, am anderen Ende der Welt, keinen einzigen die dabei durch sträfliche Mißachtung von Sicherheitsvorschriften mitverursachte Havarie eines Kernkraftwerks in Fukushima. Für Kanzlerin und Öko-Elite trotzdem ein willkommener Vorwand zum überstürzten sofortigen Ausstieg aus der Kernenergie, der in wenigen Jahren abgeschlossen sein soll. Der lange Abschied aus einer Technologie, in der deutsche Ingenieure einst weltweit führend waren, zieht sich indes schon seit vier Jahrzehnten hin. Ergebnis: Die ganze Welt baut weiter Atommeiler, nur eben ohne deutsche Sicherheitsstandards und deutsche Hochtechnologie. 

Neue technologische Verfahren, mit denen Sicherheit und Effizienz gesteigert und sogar die Atommüllprobleme gelöst werden könnten, wie zum Beispiel mit dem Dual-Fluid-Reaktor (JF 52/15), blieben wegen der deutschen Selbstbeschneidung unentwickelt oder werden erst allmählich mit jahrzehntelanger Verspätung wiederentdeckt – von anderen, die künftig das Geschäft damit machen. Die Erfinder des Dual-Fluid-Reaktors haben ihn 2017 in Rußland patentieren lassen – wegen des atomfeindlichen Klimas in Deutschland. Im vergangenen Oktober stellten sie ihn bei einem von AfD-Bundestagsabgeordneten organisierten Bürgergespräch im Paul-Löbe-Haus vor.





Dämmstoffwahn

Seit Jahren grassiert in Deutschland der Dämmstoffwahnsinn: Häuser in verputzte Styroporplatten einzupacken soll Heizkosten senken und, natürlich, das Klima retten. Fragwürdige Energiesparvorschriften sind ein Kostentreiber im Baugewerbe. Kaum noch ein Neubau, bei dem die Außenwände nicht zur Hälfte aus Dämmstoffen bestehen. Dabei sind die Platten, allen Vorschriften zum Trotz, brandgefährlich, schaffen ungesundes Raumklima, befördern Schimmelbildung und müssen früher oder später als teurer Sondermüll entsorgt werden. Nachträgliche Wärmedämmung bringt auch nach Jahrzehnten die Kosten nicht durch Energieersparnis herein und wird deshalb subventioniert. Über das steuerfinanzierte Scheinkonjunkturprogramm freut sich das Bauhandwerk, weil auch viele Altbaubesitzer sich verführen lassen, schmucke Fassaden in glattgestrichene Styroporhüllen mit Schießschartenfenstern zu verwandeln. Das Bild unserer Städte und Straßen wird so noch etwas trostloser und einförmiger.





„bio“-Sprit aus Palmöl

Eine planwirtschaftliche Schnapsidee im wahrsten Sinne des Wortes war die verordnete Einführung von „E10“-Superbenzin im Januar 2011, mit der die entsprechende EU-Richtlinie zur Erhöhung der „Biokraftstoff“-Quote umgesetzt wurde. Bis dahin mußte Benzin fünf Prozent Industriealkohol (Ethanol) aus nachwachsenden Rohstoffen enthalten, danach zehn Prozent. Da der „E5“-Kraftstoff wegen möglicher Motorunverträglichkeiten weiter angeboten werden mußte und die Kunden wählen konnten, wurde „E10“ trotz massiver Propaganda mit regierungstreuer Hilfe des ADAC zum Ladenhüter. Der festgesetzte Preisvorteil von wenigen Cent pro Liter wird durch den höheren Verbrauch von zwei bis drei Prozent wegen des geringeren Energiegehalts mehr als aufgehoben. Weizen und Zuckerrüben landen im Tank statt im Futtertrog und auf dem Teller, landwirtschaftliche Flächen werden umgewidmet und künstlich verknappt. Im globalen Maßstab findet die politische Fehlsteuerung beim „Bio-Diesel“ statt: Heimischer Raps deckt den Bedarf schon lange nicht mehr, 500.000 Tonnen Palmöl, fast die Hälfte des Imports, landen allein in Deutschland im Tank. Für europäischen „Bio“-Sprit aus Palm- und Sojaöl werden weltweit Regenwälder abgeholzt und Moore entwässert und Nahrungsmittel zum Verheizen um den halben Globus verschifft. Und die vielbemühte „CO2-Bilanz“? Die geht dabei natürlich nach hinten los.





Glühbirnen-verbot

Nichts Schöneres gibt es für Planwirtschafts-Bürokraten, als bis ins Wohnzimmer der Bürger hineinzuregieren. Erst wurden mit einer Kaskade von EU-Verordnungen aus „Energiespar“-Gründen die bewährten und billigen Glühbirnen schrittweise verboten, als nächstes sind jetzt die Halogenlampen dran. Die als „Energiesparlampen“ propagierten giftigen und Sondermüll-belasteten Miniatur-Leuchtstoffröhren sind teuer, liefern mieses Licht und hätten sich ohne Zwang auf dem Markt nie durchgesetzt. Technologisch haben sie sich als Sackgasse erwiesen. LED-Lampen sind zwar inzwischen konkurrenzfähig, hätten aber auch von selbst die Gunst der Verbraucher gefunden. Statt der Entwicklung ihren Lauf zu lassen, zwingt die Eurokratie ihre Bürger seit einem Jahrzehnt zu ungesunder Funzel-Beleuchtung und überhöhten Ausgaben und beschneidet ihre Freiheit bei der Wahl der bevorzugten Beleuchtung.





Wälder für den pellethunger

Keine Stadt im Sowjetsozialismus, die nicht von meterdicken Fernwärmeleitungen durchzogen gewesen wäre. Für die Ökosozialisten von heute sind die ineffektiven Stadtzentralheizungen mit ihren hohen Transportverlusten wieder der letzte Schrei. Auch hoch im Kurs: „Pellet“-Heizungen, in denen statt fossiler Energieträger gepreßte Holzschnitzel und Pflanzenfasern verfeuert werden. Der Haken: Aufgrund der hohen Nachfrage lohnt es sich, auch hochwertiges Holz im Kamin zu verbrennen und Feuerholz aus der ganzen Welt zu importieren. In Nordamerika wandern ganze Wälder durch den Häcksler für den europäischen Pellet-Hunger. Und wenn Holz- und Kokosspäne um die ganze Welt verschifft werden, wird die Öko-Bilanz ebenfalls zur Farce. Nicht nur Wälder, auch Äcker werden zu Energieplantagen. Weil Biogasanlagen zur Wärme- und Stromerzeugung gefördert werden, produzieren manche Landwirte vor allem für den Kessel. Über die dafür angelegten Mais-Monokulturen, die die Böden auszehren, freuen sich vor allem die Wildschweine.





Kohleausstieg

Braun- und Steinkohlekraftwerke stellen die Grundlastversorgung in einem Industrieland sicher, das rund um die Uhr einen hohen Bedarf an zuverlässig bereitstehender Energie hat. Aber die sind, weil sie fossile Energieträger nutzen, nach dem Willen der „Klimaschutz“-Ideologen des Teufels und sollen schnellstmöglich abgeschaltet werden. Damit verzichtet man nicht nur auf eine wichtige Energiequelle aus heimischen Bodenschätzen, es ist auch ein Vabanquespiel mit der Versorgungssicherheit. Und das, obwohl Kohlekraftwerke dank hoher Investitionen in moderne Filter- und Reinigungstechnologie schon lange nicht mehr „schmutzig“ sind und „stinken“. Die Entscheidung ist ideologisch und beruht auf der unbewiesenen Hypothese, daß der Ausstoß des für die Vegetation lebensnotwendigen Kohlendioxids nicht nur mit einer Phase steigender Erdtemperaturen korreliert, sondern für diese auch verantwortlich sei und daß dieser Klimawandel nicht nur schädlich, sondern auch menschengemacht und daher aufhaltbar sei.





Verspargelte Landschaften

Die von der Bundesregierung ausgerufene „Energiewende“ wird den Klimawandel nicht aufhalten. Das planwirtschaftliche Vorhaben, die Stromversorgung eines Industriestaats von nuklearer und fossiler auf Energie aus „erneuerbaren“ Energiequellen umzustellen, ist aberwitzig. Um den kompletten Energiebedarf einschließlich Elektromobilität zu decken, müßten große Teile Deutschlands komplett mit Solarpaneelen und Windrädern vollgestellt werden. Trotzdem bleibt die „Energiewende“ eine Milchmädchenrechnung. Da Wind und Sonne wehen und scheinen, wann sie wollen, und nicht wenn gerade Strom gebraucht wird, bleiben die „alternativen“ Energien eine mit zweistelligen Milliardenbeträgen subventionierte Doppelstruktur neben den konventionellen. Stehen sie still, muß Atomstrom aus den Nachbarländern importiert werden.

Die Umweltschäden sind beträchtlich: Verspiegelte und verspargelte Landschaften und Naturschutzgebiete, massenhaftes Vogelsterben, gigantische Stromtrassen quer durchs Land. Die spätere Entsorgung der mit enormen Betonmengen zu Wasser und zu Land installierten Windkraftwerke ist ungeklärt. Hohe Strompreise und Versorgungsengpässe treiben energieintensive Industrien ins Ausland. Nicht nur Ökobilanz und Wirkungsgrad sind bei den „Alternativen“ miserabel, sondern auch der „Erntefaktor“, also das Verhältnis des gesamten Energieaufwands für Bau, Betrieb und Rückbau zur gesamten gelieferten Energie: Der Erntefaktor liegt bei Photovoltaikanlagen mit Direkt­einspeisung bei 3,9, bei Zwischenspeicherung sogar nur bei 1,6 – gegenüber rund 30 bei Kohle und Erdgas, 40 bei Wasserkraft und 75 bei Kernkraftwerken auf dem aktuellen Stand der Technik.





Fahrverbote

Parallel zur De-Industrialisierung durch die „Energiewende“ läuft die De-Mobilisierung der Massen durch immer absurdere Schikanen von Autofahrern. Laufend gesenkte Grenzwerte für Feinstaub- und Stickoxid-Emissionen dienen nicht mehr der Volksgesundheit, sondern der Verhinderung des Individualverkehrs. Am Arbeitsplatz ist die zulässige Stickstoffkonzentration heute schon mehr als zwanzigmal höher als im Straßenverkehr. Da moderne Autos sogar die derzeitigen grotesk niedrigen Grenzwerte erfüllen, werden Meßstationen manipulativ entgegen den EU-Vorschriften so aufgestellt, daß höhere Werte gemessen werden und den Vorwand für Mobilitätsbeschränkungen durch „Umweltplaketten“ und Fahrverbote liefern, obwohl die Luft in den Städten nachweislich immer sauberer wird. Das ist ein Anschlag auf die Grundlagen der Industriegesellschaft. Fahrräder, öffentliche Verkehrsmittel und Elektroautos können für Pendler und Warenverkehr das Auto nicht ersetzen, mangelnde Vielseitigkeit und fehlende Ausbaukapazitäten lassen das nicht zu. Anti-Diesel-Kampagnen und die politische Propagierung der hochsubventionierten, aber nicht massentauglichen E-Mobilität verfolgen dasselbe Ziel: den unkontrollierten, privaten motorisierten Individualverkehr unmöglich machen und Autofahren zum Privileg der ökosozialistischen Nomenklatura erheben.