© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/18 / 30. November 2018

Auch Frauen dürfen altern
Feministische Klage: In Hollywood herrschten „dieselben sexistischen Regeln wie immer“
Richard Stoltz

In Hollywood, dem Ausgangsort der sogenannten MeToo-Bewegung, sei diese bisher eine große Pleite gewesen, klagt Susan Vahabzadeh in der Süddeutschen Zeitung. Es herrschten dort nach wie vor „dieselben sexistischen Regeln wie immer“. Männliche Schauspieler dürften ungestört altern, während ihre Kolleginnen faltenfrei bleiben müßten, weil sie sonst ihren Job verlören. „Schauspieler werden selbst dann erfolgreich, wenn sie wie Durchschnittstypen aussehen, Schauspielerinnen eher nicht. Sex sells.“

Solches Reden ist von vorn bis hinten unsinnig. Zunächst stimmt es nicht, daß Männer, ob nun in Hollywood oder anderswo, ungestört altern dürfen und dabei sogar noch immer mehr Geld verdienen. Möglichst lange jung, drahtig und einsatzfähig zu bleiben, ist (auch) für die Männerwelt eine unbedingte Voraussetzung für berufliches Fortkommen und Geldverdienen und erfordert von jedem einzelnen eine Menge Kraft und Aufwand inklusive des Einsatzes pharmazeutischer Hilfsmittel. 

Zweitens spielen natürlich im Leben, selbst in Hollywood, auch viele ältere Damen eine große Rolle und erringen wichtige Positionen. „Durchschnittstypen“, wie sie Susan Vahabzadeh herablassend nennt, haben wenig Chancen im Berufsleben im Vergleich zu hervorstechenden Elitetypen, und das gilt selbsverständlich besonders für den Kunstbetrieb. Selbst sexhungrige Großregisseure können für die entscheidenden großen Rollen nicht einfach sexuell zwar auffällige, aber sonst gänzlich unbegabte Elevinnen einsetzen.

So macht die Betrachtung von Frau Vahabzade in der Süddeutschen Zeitung über die angebliche Herrschaft von „sexistischen Regeln wie immer“ im Kunstleben, hier im Filmbetrieb, nur eines überdeutlich: Eine solche Herrschaft gibt es gar nicht. Was es lediglich gegeben hat (und hier und da wahrscheinlich noch gibt), ist ein horrend unappetitliches, unerzogenes Privatverhalten, wie es an so manchem Ort vorkommen kann. Mit Kunst hat das nichts zu tun, nicht einmal mit gutem Sex. Nicht einmal in Hollywood.