© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/18 / 30. November 2018

CD-Kritik: Robert Schumann, Christian Gerhaher
Schumann fragen
Jens Knorr

Seine kleineren Zusammenstellungen von Liedern zu Opera habe Robert Schumann ebenso zyklisch gedacht und konzipiert wie seine drei großen Liederzyklen, meint Christian Gerhaher. Der Sänger und sein Pianist Gerold Huber stützen die These mit ihren Interpretationen der Romanzen und Balladen op. 49 und der Drei Gesänge op. 83 durchaus, nicht ganz so überzeugend mit ihren Interpretationen der Sechs Gesänge op. 107 und der Vier Gesänge op. 142. Für die Zwölf Gedichte nach Justinus Kerner op. 35 müssen sie es gar nicht erst tun. Eines der Kerner-Gedichte, „Frage“, gab dem Album den Namen.

Text und Musik driften in Schumanns Liedern eigentümlich auseinander und wollen auch einem Dritten so recht nicht mehr gehorchen, das Gerhaher als eine „gemeinsame poetische Idee“ benennt, durch welche die „Zweiheit“ von Text und Musik „überwölbt und zusammengehalten“ würde. Wo Gerhaher und Huber den Widerspruch zwischen gelungener und erzwungener „lyrischer Dramaturgie“ der Liedgruppen auszutragen wagen, ist das Album wirklich spannend anzuhören, wo sie die einfach voraussetzen, langweilt es. Der Liedersänger musiziert sich als Liedbeobachter dem Kern der Lieder entgegen.

Vielleicht ist es eben gerade Gerhahers nüchtern erzählender, fragender Gestus, der ihre Modernität in arger Zeit unaufdringlich beglaubigt.

Schumann Frage Christian Gerhaher Gerold Huber Sony Classical 2018   www.gerhaher.de