© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/18 / 07. Dezember 2018

Polens Agrarlandschaften nach der „Westverschiebung“
Historisch bedingte Unterschiede
(ob)

Anders als die meisten europäischen Staaten ist Polen noch in starkem Maß von ländlichen Strukturen geprägt. Die Landwirtschaft, mit 1,4 Millionen Betrieben an Platz Zwei der EU, dominiert nach wie vor die Lebensverhältnisse, da nahezu 60 Prozent des Territoriums land-, und 30 Prozent forstwirtschaftlich genutzt werden. Dabei gebe es, wie einer Studie zu entnehmen ist, die die Leipziger Geographen Jürgen Heinrich und Christian Schneider zusammen mit ihrer Krakauer Kollegin Agnieszka Nowak vorlegen (Geographische Rundschau, 9/2018), markante „agrarstrukturelle Unterschiede“, die historisch bedingt seien. Durch die „Westverschiebung“, also durch die von den Autoren verschwiegene Okkupation der preußisch-deutschen Ostprovinzen, sei es nach 1945 dort zur großzügigen „Kollektivierung und Modernisierung der Landwirtschaft“ gekommen, die an „gewachsene Besitzverhältnisse und Betriebsstrukturen“ (der deutschen Gutswirtschaft) anknüpfen konnte. Das vom Zarenreich und von Österreich-Ungarn geprägte kleinbäuerliche Agrarsystem im Süden und Osten Polens zeige hingegen noch heute das Gesicht traditioneller, kleinparzelliger, aber auch wirtschaftlich schwacher Kulturlandschaften des frühen 20. Jahrhunderts. Eine dringend gebotene „Rationalisierung“ sollte jedoch nicht nach EU-Muster, sondern „behutsam und nachhaltig“ erfolgen. 


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