© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/18 / 14. Dezember 2018

Knapp daneben
Freiheit der Kunst
Karl Heinzen

Die Schauspielerin Antje Mönning, der nachgesagt wird, dem Fernsehpublikum als TV-Nonne bekannt zu sein, ist vom Amtsgericht Kaufbeuren zu einem Bußgeld in Höhe von 300 Euro verurteilt worden. Anlaß für den Schauprozeß war eine Art tänzerische Übung, die sie im Juni dieses Jahres auf einem Parkplatz irgendwo im Allgäu dargeboten hat. Da sie dabei unter Verzicht auf jegliche Unterwäsche lediglich mit einer durchsichtigen Bluse und einem Minirock bekleidet gewesen war, werteten die Richter ihre Vorführung als Ordnungswidrigkeit. Dummerweise hatte sie sich ausgerechnet zwei Polizisten in Zivil, die gerade einen Lastwagen kontrollierten, als Zuschauer ausgesucht. Diese fackelten nicht lange und nahmen ihre ungelenken Bewegungen zur Beweissicherung mit der Kamera auf. Was davon ins Internet gelangte, läßt den Abscheu der zartfühlenden Beamten vor so viel obszöner Häßlichkeit einer Frau weit jenseits ihrer besten Jahre auf bestürzende Weise nachempfinden. Lediglich der Lastwagenfahrer scheint daran, wenn man denn seiner Aussage im Prozeß Glauben schenken möchte, vulgären Gefallen gefunden zu haben.

Exhibitionismus als Straftatbestand ist anscheinend weiterhin Männern vorbehalten.

Antje Mönning konnte nicht als Exhibitionistin verurteilt werden, denn dieser Straftatbestand ist, so weit sind wir immer noch von Gleichberechtigung entfernt, weiterhin Männern vorbehalten. Sie selber rechtfertigte ihr Handeln zum einen damit, daß sie sich halt gerne nackt zeige und dies Leuten, die ein freies Leben führen wollen, doch nicht verwehrt werden sollte. Zum anderen war ihre Darbietung natürlich auch Kunst, und diese dürfe nun einmal besondere Rechte in Anspruch nehmen. Ihrer Argumentation ist kaum etwas entgegenzusetzen. Vieles, was heute in unserer Gesellschaft geschieht, läßt sich nur aushalten, wenn man sich sagt, daß es sich bloß um Kunst handelt und nicht weiter ernst zu nehmen ist. Antje Mönning bietet aber nicht nur Kunst, sie lädt auch zum philosophischen Reflektieren über diese ein. Die abendländische Ästhetik meinte einst, dem menschlichen Körper etwas Schönes abgewinnen zu können. Wer wird noch an diesem Vorurteil festhalten wollen?