© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/19 / 04. Januar 2019

Eva Högl. Die Vizechefin der SPD-Fraktion soll neue Bundesjustizministerin werden
„Total widerlich“
Ronald Berthold

Manche Auftritte schaffen es ins kollektive Gedächtnis. Solch einer gelang Eva Högl, als sie im Sommer 2017 mehrfach fröhlich aus dem Hintergrund in jene Kamera winkte, vor der der damalige SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz gerade seine Betroffenheit angesichts des islamischen Terroranschlags von Barcelona bekundete. Später entschuldigte sie sich, nicht mitbekommen zu haben, worüber ihr Vorsitzender sprach. Dennoch machte das Video in den sozialen Netzwerken die Runde und brachte ihr den Spitznamen „Teletubbie“ ein. 

Nun gilt die 49jährige Sozialdemokratin als Favoritin für den Posten der Justizministerin. Denn Amtsinhaberin Katarina Barley wird SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl 2019. Högl vertritt in allen gesellschaftlichen Fragen Positionen, die es rechtfertigen, sie zum linken Flügel der Partei zu zählen. So fordert sie ein Kommunalwahlrecht für Türken, ohne daß diese die hiesige Staatsangehörigkeit erwerben. Einzige Bedingung: sie leben seit vierzig Jahren hier.

Vielleicht könnte ihr das ja beim nächsten Mal helfen, in ihrem Wahlkreis Berlin-Mitte das Mandat deutlicher als bisher zu gewinnen. Denn die nur 26 Prozent, mit denen ihr das 2009 erstmals gelang, stellten das niedrigste Erststimmenergebnis für den Gewinn eines Direktmandats bei einer Bundestagswahl seit 1953 dar. Allerdings gelang es ihr, diesen Rekord noch zu unterbieten: 2017 holte sie den Wahlkreis mit nur noch 23,5 Prozent.

Geboren ist Högl in Osna­brück, wo sie auch ihr Jurastudium absolvierte. Danach wechselte sie nicht etwa in eine Anwaltskanzlei, zur Staatsanwaltschaft oder auf einen Richterstuhl, sondern in die Politik. Bis Anfang 2009 wirkte sie zehn Jahre lang im Bundesarbeitsministerium und gelangte von dort als Nachrückerin in den Bundestag, wo sie sich gern als „überzeugte Europäerin“ gibt. Anders als ihre Fraktion stimmte sie 2010 für die Griechenlandhilfe – das erste „Rettungspaket“, das die damals noch schwarz-gelbe Koalition unter Angela Merkel durchsetzte.

Aktuell fordert Högl unter anderem die Aufhebung des Paragraphen 219a StGB, der es Ärzten verbietet, für Abtreibungen zu werben. Dünnhäutig reagiert sie allerdings, wenn jemand eine andere Auffassung dazu vertritt. So beschimpfte sie CDU-Lebensschützer als „widerlich“. Erst nach heftiger Empörung beim Koalitionspartner bat sie um Entschuldigung.

Dabei handelt es sich doch offenbar um ihr Lieblingswort, denn mit dem Satz „Total widerlich! Total widerlich, mit zwanzig Ausrufezeichen, finde ich die Plakate der AfD“, schimpfte sie schon während des Wahlkampfes 2017. Diese seien „eine Schande, wo ich denke: Das möchte ich im Straßenbild nicht sehen“. Meinungsfreiheit scheint also nicht unbedingt zu den höchsten Werten der designierten Justizministerin zu gehören.