© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/19 / 04. Januar 2019

Plötzlich wollen alle die „Blackbox Brüssel“ knacken
Ausblick auf 2019: Viel Blutauffrischung, eine unwirsche EU-Ratspräsidentschaft und viel Arbeit mit dem UN-Migrationspakt
Curd-Torsten Weick

Wenn es nach Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán geht, braucht vor allem das EU-Parlament 2019 eine Blutauffrischung. Am Ende der Legislaturperiode sehe er in Brüssel und Straßburg Ermüdungserscheinungen. Neue Dynamik, so der 55jährige, werde es nach den Europawahlen vom 23. bis 26. Mai geben. 

Denn dann werden die Karten neu gemischt. Da voraussichtlich das Vereinigte Königreich zum Zeitpunkt der Wahl nicht mehr der EU angehört, fallen sowohl die von den britischen Konservativen getragene EKR- als auch Nigel Farages EFDD-Fraktion in sich zusammen. Übrig bleibt auf der rechten Seite die Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit (ENF).

Hinter den Kulissen wird nicht erst seit dem überraschenden Erfolg der rechtskonservativen Vox-Partei in Anadalusien seit langem die Frage debattiert: Wer mit wem? „Ich bin fest davon überzeugt, daß wir nach den EU-Wahlen eine Fraktion mit all jenen Parteien haben werden, die genug vom Brüsseler Zentralismus und der Willkommenskultur Merkels haben“, erklärte der EU-Parlamentarier Harald Vilimsky (FPÖ) gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. 

Auch der neue EVP-Fraktionsvorsitzende Manfred Weber, der Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker beerben könnte, sieht sich auf einem guten Weg. Er warnt einerseits vor dem „Gespenst des Nationalismus“ und will andererseits den „Aufbruch für Europa“ organisieren. Ein „Weiter so“ könne es nicht geben. „Es geht um die Selbstbehauptung Europas und um die Verteidigung unserer Werte – es geht um das Überleben unseres europäischen Lebensstils“, erklärt der CSU-Politiker. Die EVP werde die „Blackbox Brüssel öffnen“.

Eine andere Art Blackbox sind die anstehenden Wahlen. In Finnland (14. April) wird sich zeigen, ob die blauen Reformer, die im Juni 2017 die rechtsnationale Wahre-Finnen-Partei verlassen hatten, nachdem „Antimigrations-Hardliner“ Jussi Halla-aho zum Parteivorsitzenden gewählt worden war, überhaupt ins Parlament kommen. 

Nach den Ukrainern (31. März) dürfen die Belgier (26. Mai) über ihr Schicksal abstimmen. Spätestens am 17. Juni werden die Dänen über den harten Migrationskurs der Minderheitsregierung Løkke Rasmussens richten. Am 20. Oktober sind dann sowohl die Schweizer als auch die Griechen gefragt. Spätestens bis November 2019 werden die Polen über  Wohl und Wehe der sozial-konservativen PiS-Regierung entscheiden.

Überall all dem wacht Rumänien. Ab 1. Januar hat eines der ärmsten Mitglieder der EU nach Österreich die sechsmonatige Präsidentschaft übernommen.  Schon im Vorfeld waren die Chefs der linken Regierungsmehrheit auf Konfrontationskurs gegangen. Rumänien werde es nicht mehr hinnehmen, als Mitgliedsland zweiter Klasse behandelt zu werden, erklärte Liviu Dragnea, Vorsitzender der regierenden Sozialdemokraten. Brüssel sorgt sich seit langem um die Unabhängigkeit des Justizsystems und die Fähigkeit des Landes, Korruption zu bekämpfen.

Und der UN-Migrationspakt? Für 2019 hat Ecuador den Vorsitz im Globalen Forum für Migration und Entwicklung (GFMD) übernommen. Laut GFMD, das die Entwicklung des Paktes begleitet, bringt das Land als wichtiges Aufnahmeland mit weltweit anerkannter Migrationspolitik alles Nötige für diese Aufgabe mit. Als neuer Vorsitzender soll Ecuador die Anerkennung der positiven Beiträge von Migranten zur Entwicklung vorantreiben.