© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/19 / 11. Januar 2019

Amberg, Alassa, Asyldebatte
Koalitionszwist: Nach Übergriffen junger Migranten und der Wiedereinreise eines Ausgewiesenen fordert die CSU erneut schnellere Abschiebungen / SPD widerspricht
Christian Schreiber

Die Auseinandersetzung um den Kurs in der Asylpolitik bestimmt auch zu Beginn des neuen Jahres das politische Tagesgeschehen. Nachdem vor zwei Wochen vier Asylbewerber im Alter zwischen 17 und 19 Jahren im ober-pfälzischen Amberg regelrecht Jagd auf Einheimische gemacht hatten (JF 2/19), sprach sich die CSU-Spitze nach einer Klausurtagung nun für einen härteren Kurs in der Einwanderungsfrage aus. 

Straffällige Flüchtlinge müßten demnach schneller abgeschoben werden. Sollte eine Rückführung nicht möglich sein, sollen zumindest die Auflagen für die Asylbewerber verschärft werden – etwa in Form von Fußfesseln. „Wer Gewalttaten begeht, hat keine Zukunft in unserem Land. In Bayern setzen wir das konsequent um“, erklärte der bayerische Ministerpräsident und designierte CSU-Chef Markus Söder. Das gegenwärtige Problem liege allerdings „bei den Staaten, die bei einer Abschiebung ihre Bürger nicht zurücknehmen“. Den Zustand zu ändern, sei „Aufgabe der gesamten Bundesregierung und der EU-Kommission“, teilte Söder im Gespräch mit der Bild-Zeitung mit. Als Hebel für eine Einigung mit afrikanischen Ländern nannte Söder Entwicklungshilfe: „Dafür müssen umgekehrt die afrikanischen Staaten bereit sein, abgeschobene Landsleute zurückzunehmen.“

Mit diesen Forderungen könnte neuer Streit innerhalb der Berliner Koalition vorprogrammiert sein. Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) widersprach Söder umgehend: „In der vergangenen Legislaturperiode haben wir bestehende Regelungen, etwa im Asylrecht, in entscheidenden Punkten verbessert und verschärft“, sagte Barley der Welt am Sonntag. „Es geht jetzt darum, diese auch konsequent anzuwenden.“ Immer weitergehende Gesetzesverschärfungen bewirkten „nicht zwangsläufig eine Verbesserung“. Barley kündigte an, mögliche Vorschläge von Innenminister Horst Seehofer „sehr genau“ zu prüfen. Einigkeit besteht aber zwischen Union und SPD darüber, daß Rücknahmeabkommen mit den Herkunftsstaaten funktionieren müßten. „Das ist das Wichtigste“, bekräftigte Barley.“

Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) nutzte die Debatte unterdessen, um gegen CSU-Minister Seehofer zu sticheln. Daß aus Deutschland zuwenig abgeschoben werde, falle auch in den Verantwortungsbereich des Bayern. Bund und Länder müßten besser werden bei der Rückführung von straffälligen Ausländern, sagte der Finanzminister. „Dazu braucht es natürlich den Einsatz des Bundesinnenministers, um zu erreichen, daß die Staaten, aus denen straffällig gewordene Asylbewerber kommen, sich nicht weigern, sie zurückzunehmen“, sagte er mit Blick auf die Vorkommnisse in Amberg. Vier Tatverdächtige aus Afghanistan und dem Iran sitzen derzeit in Untersuchungshaft. Bei einem von ihnen laufe das Asylverfahren noch, ein anderer sei bereits seit Februar 2018 ausreispflichtig und stehe zur Abschiebung an, teilte das bayerische Innenministerium mit. Bei zwei weiteren Afghanen sei das Asylverfahren negativ ausgegangen, allerdings schiebt Deutschland derzeit nicht in ihr Herkunftsland ab. 

Die von diversen Medien aufgestellte Behauptung, „rechtsextreme Bürgerwehren“ würden durch die Stadt patrouillieren, konnte hingegen nicht belegt werden. Ausgerechnet Ministerpräsident Söder hatte die Debatte noch befeuert. „Wir verurteilen aufs schärfste die Straftaten, die in Amberg begangen worden sind. Wir verurteilen aber auch, daß jetzt bestimmte rechtsextreme Gruppen versuchen, das zu mißbrauchen.“ Ausgelöst hatte den vermeintlichen Skandal ein Foto von vier NPD-Mitgliedern in Warnwesten.