© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/19 / 11. Januar 2019

Zeitschriftenkritik: Ruperto Carola
Aus der Kälte in die Warmzeit
Werner Olles

Der Sommer ist die Zeit, in der es zu heiß ist, um das zu tun, wozu es im Winter zu kalt war.“ Mit diesem Zitat des Schriftstellers Mark Twain eröffnet die aktuelle Ausgabe des Forschungsmagazins der Universität Heidelberg Ruperto Carola (Ausgabe 13, Dezember 2018) ihr Schwerpunktthema „Heiß & Kalt“. Nach dem heißen Sommer 2018 beschäftigen sich mit dieser Thematik mehrere Beiträge aus der Perspektive ganz unterschiedlicher Disziplinen. Das Thema begegnet dem Leser daher in der Vulkanologie, in der „heißen Chemie“, bei der Altersdatierung von Eis oder bei der Frage, wie Musik Kälte und Hitze ausdrücken kann. 

So debattieren der Pflanzenbiologe Thomas Rausch und der Historiker Bernd Schneidmüller in dem Beitrag „Zwischen Klimawandel und Nationalismus“ über die Frage, ob Wissenschaft ein heißes Herz oder eher einen kühlen Kopf braucht. Der Historiker stellt fest, daß das Empfinden, was als heiß oder kalt gilt, in unterschiedlichen Kulturen sehr verschieden ausgeprägt ist. Schaue man sich die Menschheitsgeschichte an, dann kämen wir aus der Kälte, denn die frühen Spuren menschlicher Zivilisation seien in der Eiszeit zu finden, und die Überwindung der totalen Vereisung habe erst unsere Welt der Menschen hervorgebracht. Es sei auch bekannt, daß die großen Hochkulturen immer in extrem heißen Klimazonen entstanden sind. Die Menschen hätten solche Phasen von Wärme und Kälte als natürlich angesehen und als nicht steuerbar hingenommen. So war die mittelalterliche Warmzeit kulturbefördernd und habe zu einem massiven Bevölkerungswachstum und Landesausbau geführt, da nun auch Gegenden besiedelt werden konnten, die bisher als wenig attraktiv galten. Schneidmüller ist überzeugt, daß ein massiver Klimaumbruch in besonderem Maße treibend für einen Umbruch gesellschaftlicher Strukturen und Wertesysteme wirkt. Man habe auch große Herausforderungen wie etwa das Ozonloch und den Verzicht auf FCKW in den Griff bekommen.

In der Paleoklimatologie sehen Forscher inzwischen ein Wechselspiel zwischen den warmen niederen und kalten höheren Breiten, die eine fundamentale Stellschraube für die klimatische Evolution unserer Erde darstellen. Betrachte man die Intensität des Mittelmeerausstroms über die vergangenen fünf Millionen Jahre, stelle man fest, daß er alle 21.000 Jahre zwischen starken und schwachen Phasen schwankte. Weitgehend unerforscht ist hingegen die Vulkanologie. Tatsächlich gehöre glutflüssige Lava zu den heißesten Naturereignissen auf der Erde. Mit einer Temperatur von etwa 1.200 Grad Celsius tritt sie aus Erdspalten oder in Feuerfontänen aus – als Ergebnis von Vorgängen, die sich in kilometerweiter Tiefe in Erdinneren abspielen. Mit Hilfe einer an deutschen Universitäten einzigartigen Ionensonde rekonstruieren Forscher anhand von Kristallen aus vulkanischem Gestein deren Vorgeschichte, die sich über Tausende bis manchmal sogar Millionen von Jahren abgespielt hat. 

Kontakt: Universität Heidelberg, Kommunikation und Marketing. Grabengasse 1, 69117 Heidelberg, Tel: 0 62 21 / 54-19026

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