© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/19 / 11. Januar 2019

„Rügenhafen“ und der geplatzte Flottentraum der DDR
Ein Pearl Harbor an der Ostsee
(ob)

Nahezu alles, was an der Küste zwischen Wismar und Wolgast schwimmen konnte, belegten die sowjetischen „Befreier“ seit dem Frühling 1945 mit Beschlag. Bis 1952 lieferten die Werften der Sowjetischen Besatzungszone zudem 1.160 neue Schiffe als „Reparationsleistung“ Richtung Leningrad ab. Am 1. April 1952 beendete ein plötzlicher Befehl Stalins diese Ausbeutungspraxis des „Brudervolkes“. Unter dem Eindruck des Korea-Krieges hatte er den eiligen Aufbau von DDR-Streitkräften verfügt. Damit gab er auch das Signal für ein Flottenprojekt mit sozialistischer Planungshybris: den „Rügenhafen“. Der Hamburger Marinehistoriker Wolfgang Klietz schildert, wie am Jasmunder Bodden, den bei Glowe ein Kanal mit der Ostsee verbinden sollte, 1953 Arbeiten für ein Projekt begannen, das „die junge Volkswirtschaft der DDR hoffnungslos überforderte“ und dessen Realisierung Rügen bis zur Unkenntlichkeit zerstört hätte (Pommern, 3/2018). So sollten die am künftigen DDR-Hauptflottenstützpunkt geplanten Werftkapazitäten jene Hamburgs von 1939 noch übertreffen. Dazu kam eine „Friedensstadt“ für 100.000 Menschen. Der Volksaufstand vom 17. Juni 1953, der auch bei den streikenden Arbeitern am „sozialistischen Bollwerk“ an der Küste gewaltsam niedergeschlagen wurde, führte jedoch über Nacht zum definitiven Baustopp – auf Anweisung der Sowjetmacht. 


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