© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/19 / 18. Januar 2019

Soll Schwarzfahren entkriminalisiert werden?
Zu leicht gemacht
Nicolaus Fest

Der Berliner Senat will sich im Bundesrat dafür stark machen, Schwarzfahren zu entkriminalisieren. Derzeit noch eine Straftat, soll die Leistungserschleichung zur Ordnungswidrigkeit herabgestuft oder, geht es nach Generalstaatsanwältin Margarete Koppers, völlig straffrei werden. Straftaten dadurch zu lösen, daß man sie nicht mehr als Straftat behandelt, ist ein fraglicher Ansatz. Andererseits stehen Schaden und Aufwand in keinem Verhältnis. Jährlich 40.000 Verfahren – 180 pro Tag – allein in Berlin bringen Richter und Staatsanwälte an ihre Grenzen und kosten Millionen. 

Tatsächlich liegt die Verantwortung wesentlich bei den Verkehrsbetrieben. Statt ihren Geschäftsbereich effektiv zu schützen, sparen sie am Personal und Umbauten, die Fahren ohne Schein verhindern. In New York, Paris oder London ist ohne Fahrkarte ein Zugang zum Bahnsteig kaum möglich. Und das Mindestentgelt für Schwarzfahren ist drakonisch, in London mehr als 1.100 Euro. Das schreckt ab. Schwarzfahren ist nicht in Ordnung. Aber die Unternehmen machen es den Schwarzfahrern und sich zu leicht. Statt ihr Geschäft sinnvoll zu schützen, schieben sie die Last auf die Gerichte – und auf den Steuerzahler.






Dr. Nicolaus Fest ist Jurist und Journalist. Er war bis September 2014 stellvertretender Chefredakteur der Bild am Sonntag.