© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/19 / 18. Januar 2019

Eine deutsche Meisterleistung
Jubiläum: Hasso Plattner wird 75 / Der Mitgründer des Dax-Unternehmens SAP fördert großzügig Wissenschaft und Technik
Karsten Mark

Die Idee schien naheliegend: Jahrelang hatten die vier jungen Programmierer der US-Firma IBM immer wieder die gleichen Probleme für immer andere Unternehmen gelöst – jedesmal aufs neue und doch nur in Details ein wenig anders. Es ging um Buchführung, Lagerhaltung, Personalwesen. Warum, fragten sie sich, sollte man nicht eine universelle Standardsoftware programmieren können, um sie dann möglichst vielen Firmen zu verkaufen? Sie verließen ihren Arbeitgeber und machten ihm Konkurrenz.

Mit der Gründung von „SAP Systemanalyse und Programmentwicklung“ als Gesellschaft bürgerlichen Rechts setzte das ehrgeizige Quartett 1972 im badischen Weinheim den Grundstein für eine beispiellose Erfolgsgeschichte einer deutschen Computerfirma, die zum viertgrößten Softwarehersteller der Welt und aktuell mit 120 Milliarden Euro am höchsten bewerteten deutschen Unternehmen aufsteigen sollte. Einer dieser Gründer fungiert bis heute als Aufsichtsratsvorsitzender der mittlerweile Europäischen Aktiengesellschaft SAP SE: Hasso Plattner. Am kommenden Montag wird Plattner 75 Jahre alt.

Eigentlich liefert Plattner alle Zutaten für einen Liebling der Boulevardpresse: Er war 2018 laut Forbes mit angeblich umgerechnet 12,7 Milliarden Dollar der zehntreichste Mann Deutschlands. Er hat schon vor Jahren angekündigt, die Hälfte seines Vermögens zu verschenken, und er verbringt seine Freizeit gern bei großen Segelregatten. Bloß die entscheidenden Kriterien erfüllt er nicht: Hasso Plattner hat nie für Skandale gesorgt, und er hält sein Privatleben weitgehend vor der Öffentlichkeit verborgen. Was bekannt wird, steuert er mit Bedacht. Gerne erzählt er übers Segeln, das er immer noch mit Ehrgeiz betreibt. Vorigen Sommer ließ er sein Boot „Morning Glory“ bei einer Regatta mit 40 Sensoren ausstatten und von einer Kamera-Drohne verfolgen, um den eigenen Kurs lückenlos auswerten zu können. Seine Leidenschaft für Rennyachten, die er auch mit Profimannschaften in internationale Wettbewerbe schickt, verbindet ihn mit einem seiner ärgsten Konkurrenten, dem Amerikaner Larry Ellison, der 1977 seine Firma Oracle gründete und mit Datenbanktechnik reüssierte. Der Vater des US-Filmproduzenten David Ellison wird am 17. August ebenfalls 75.

Einer der spendabelsten Privatleute Deutschlands

2003 eröffnete ein Ableger, „Oracle Direct“, eine Niederlassung unweit des deutschen Konkurrenten in Potsdam. Der gebürtige Berliner Hasso Plattner, der in Grunewald und Konstanz am Bodensee aufwuchs, wohnt seit 2009 im „Haus Seefried“ in Potsdam-Babelsberg. Diese Villa am Griebnitzsee, in der im Juli 1945 Winston Churchill logierte, wurde 1915 nach Plänen des späteren Bauhaus-Direktors Ludwig Mies van der Rohe für den damaligen Deutsche-Bank-Mitinhaber Franz Urbig gebaut.

Hasso Plattner hat als großzügiger Gönner unübersehbare Spuren in Potsdam hinterlassen: 21 Millionen Euro spendete er Ende 2007 für die Rekonstruktion der historischen Fassade des Stadtschlosses, dem Sitz des Brandenburgischen Landtags. Auch den Wiederaufbau des benachbarten Palast Barberini förderte Plattner großzügig. Als der Palast Anfang 2017 als Museum Barberini, in dem unter anderem Plattners Sammlung von DDR-Kunst zu sehen ist, wiedereröffnet wurde, ernannte die Stadt Potsdam ihn zum Ehrenbürger.

Noch weit mehr als in Kunst und Architektur investiert Hasso Plattner in die Wissenschaftsförderung, gilt sogar weltweit als einer der spendabelsten Privatleute auf diesem Gebiet. 1998 gründete er sein Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik an der Universität Potsdam, das einen betont anwendungsorientierten Informatik-Studiengang anbietet – und auf dessen Sommerfesten er gerne mal selber mit seiner E-Gitarre auftritt. In die dazugehörige Stiftung steckte Plattner über 20 Jahre hinweg mehr als 200 Millionen Euro. Seit 2005 betreibt er mit der kalifornischen Stanford University außerdem sein „Hasso Plattner Institute of Design“, in das er 35 Millionen US-Dollar investiert hat.

Zwischen beiden Instituten wird ein reger Austausch von Studenten und Wissenschaftlern gepflegt. Auch Plattner verbringt viel Zeit in den USA – wenn er nicht in Babelsberg ist oder gerade die Sonne am Kap von Südafrika genießt, wo er mit seiner Frau Sabine seit 1994 einen Golfplatz mit Luxushotel besitzt. Das „Fancourt Resort“ in George, gut 400 Kilometer östlich von Kapstadt, umfaßt mehr als 600 Hektar. Bekannt wurde es auch außerhalb der Golfer-Szene durch ein Benefizkonzert, das dort 2005 zugunsten einer von Nelson Mandela gegründeten Aids-Stiftung stattfand – und auch von Plattner finanziert wurde. Bereits im Jahr zuvor hatte er sechs Millionen Euro für die Aids-Forschung in Südafrika gespendet.

Zur Politik hat der Software-Unternehmer immer Distanz gehalten. 2017 geriet er dennoch in eine öffentliche Kontroverse, als er sich gegen eine Begrenzung von Managergehältern aussprach – man müsse international wettbewerbsfähig bleiben, war sein Standpunkt. Im Mai 2017 wurde der SAP-Aufsichtsrat daraufhin in der Hauptversammlung nur mit hauchdünner Mehrheit entlastet. Und Plattner versprach, in Zukunft für mehr Transparenz bei den Managergehältern zu sorgen. Das wohl größte öffentliche Lob erhielt er 2004 von Unternehmensberater Roland Berger, der Plattner als einen der fünf Deutschen nannte, die ihm am meisten imponieren. „Die Art,“, sagte er in einem Interview mit der Welt, „ wie sich SAP mehrmals selbst neu erfunden hat unter seiner Führung“, sei „eine Meisterleistung“.

Hasso-Plattner-Institut Potsdam:  hpi.de

Hasso Plattner Institute of Design:  dschool.stanford.edu