© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/19 / 25. Januar 2019

Dieter Köhler wagte in puncto Diesel und Luftschadstoffe den entscheidenden Hinweis.
Der Kaiser ist nackt!
Karsten Mark

Für die Öffentlichkeit gab es keinen Grund zu zweifeln, schließlich war die „Gefahr“ amtlich festgestellt: 50.000 Lebensjahre büßten die Deutschen jährlich durch Stickstoffdioxid und Feinstaub, vor allem aus Dieselabgas, ein. Das entspreche 6.000 vorzeitigen Todesfällen pro Jahr, teilte das Umweltbundesamt mit und stützte sich dabei auf Studien renommierter Institute. Lange schien es, die Zahlen seien wissenschaftlich unumstritten. 

Bis einige Fachleute wagten, sich öffentlich zu Wort zu melden. Fachleute wie Dieter Köhler, Professor für Lungenheilkunde: „Man macht (da) aus einer zufälligen Korrelation eine Kausalität.“ Mit Sätzen wie diesen, etwa in der NDR-Dokumentation „Das Diesel-Desaster“, brach der unerschrockene Pneumologe den angeblichen Konsens. Köhler, geboren 1948 in Marburg und 27 Jahre lang ärztlicher Direktor einer Fachklinik im westfälischen Schmallenberg, wurde so zum gefragten Interviewpartner und Gast in Talk-Runden, wo er seine Kritik genauer erklärte: „Das berühmteste Beispiel, ist das mit den Störchen: Man hat festgestellt, daß deren Zahl genauso abnimmt wie die Zahl (menschlicher) Geburten: Also bringen die Störche die Kinder! Was natürlich Unsinn ist.“ Ebenso verhalte es sich mit dem angeblichen Zusammenhang von Krankheitsstatistiken und Stickstoffdioxid- und Feinstaubgehalt der Luft. Fazit: Die Grenzwerte lägen weit über dem, was als gefährlich gelten könne und lieferten somit keine seriöse Grundlage für Diesel-Fahrverbote.

Im Feinstaub immerhin, so Köhler, könnten giftige Substanzen enthalten seien. Doch müsse unterschieden werden, aus welcher Quelle der Staub kommt: „Arbeiter aus Steinbrüchen, die Quarzstaub eingeatmet haben, bekommen oft eine Staublunge. Aber Bergleute, die nur Kohlenstaub ausgesetzt (waren), werden praktisch nicht krank.“ 

Die Gefährlichkeit von Stickstoffdioxid hingegen werde generell stark übertrieben. Der freundliche alte Herr erklärt das gerne am Beispiel seiner größten Patientengruppe, den Rauchern. Diese betrieben nach seinen Worten „eine Art freiwilligen Selbstversuch“: „Der Raucher inhaliert große Mengen Stickstoffmono- und -dioxid. Er kommt auf 500.000 bis eine Million Mikrogramm pro Kubikmeter. Der (Straßenverkehrs-)Grenzwert wird (von ihnen) also um viele Zehnerpotenzen überschritten.“ Und das inhaliere der Raucher über viele Jahre, fällt aber „dennoch nicht sofort tot um – was er müßte, wenn wir (tatsächlich diese 6.000) Toten jährlich hätten. Doch diese – scheinbare – Todesrate tritt nicht auf. Also ist an dem Modell etwas falsch!“

Daß Dieter Köhler, der im Sommer 71 Jahre alt wird, zu sagen wagte, daß der Kaiser eigentlich nackt ist, liegt auch daran, daß er als Emeritus seine Karriere nicht mehr gefährden kann, sowie an seinem über jeden Zweifel erhabenen Ruf als ehemaliger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie.