© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/19 / 25. Januar 2019

Die Kraft des Wortes
Arno Surminski entdeckt Poesie in Bibelversen
Werner Olles

Arno Surminskis „Poesie der Bibel“ basiert auf einer alten Lutherbibel aus dem Jahr 1948, die der Autor dreimal durchgelesen hat, „einmal als junger gläubiger Mensch, dann als angehender Schriftsteller, der Sprache und Stil lernen wollte, und schließlich 2017, um dieses Buch zu schreiben“. In seiner Einleitung „Über das Wort“, die mit dem wohl bekanntesten Bibelzitat „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort“ (Johannes 1,14) beginnt, zitiert der Autor die in zahlreichen Gedichten sich spiegelnde Bibelsprache, beispielsweise in Rainer Maria Rilkes „Herbsttag“: „Herr, es ist Zeit./ Der Sommer war sehr groß./ Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,/ und auf den Fluren laß die Winde los …“

Kritisches zur Gendersprache

Auch das „Abendlied“ von Mat-thias Claudius, dem nach einer Umfrage beliebtesten Volkslied der Deutschen, besteht der poetische Text ebenfalls aus Bibelsprache: „ … der Wald steht schwarz und schweiget/ Und aus den Wiesen steiget der weiße Nebel wunderbar …“ Während in Heinrich Heines Gedicht „Belsazar“ eine Bluttat beschrieben wird, die sprachlich stärker ist als die verschiedenen Bibelübersetzungen der gleichen Tat, sollte die Reformation nach dem Willen Luthers friedlich verlaufen. Er wollte keine Gewalt, sondern Veränderungen durch das Wort.

Die Kraft des Wortes wird auch deutlich in dem Luther zugeschriebenen Ausspruch: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders. Gott helfe mir, Amen.“ Ein Sprachwerk voll poetischer Kraft sind ebenso die fünf Bücher der Schöpfungsgeschichte: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe, und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser“ (Moses 1:1,1-2).

Kritisch sieht Surminski die neueren Fassungen, deren „gendergerechte Bemühungen“ ihn nicht überzeugen; er hält sie für sprachlich unangebracht. Wenn „Friede“ zur „heilsamen Ruhe“, Gott zur „Sie“ und „gnädig“ zu „zugeneigt“ wird, wie in der „Bibel in gerechter Sprache“, werfe das ein Licht auf die Denkweise der Übersetzer, denn Gnade komme von oben, Zuneigung von einem gleichwertigen Partner.

Arno Surminski: Poesie der Bibel. Ellert & Richter Verlag, Hamburg 2018, gebunden, 192 Seiten, 16,95 Euro