© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/19 / 25. Januar 2019

Blick in die Medien
Lizenz zum Röten
Tobias Dahlbrügge

Im Jahr 2014 startete der russische Auslandsmedienbetrieb RT Deutsch (früher „Russia today“) im Internet sein Informationsangebot. Dazu zählen das Reportageformat „451°“ und die Politsendung „Der fehlende Part“. RT Deutsch ist Teil eines mehrsprachigen internationalen TV-Nachrichtennetzes mit Sitz in Moskau und wird vom russischen Staat finanziert. Daher wird der Sender häufig als „Kreml-Propaganda“ geschmäht, die Macher selbst verstehen ihre Arbeit als „Gegenöffentlichkeit“.

Der DJV läuft gegen RT Sturm und verstrickt sich dabei erneut in Fehler. 

Aufgrund neuer Mediengesetze muß sich der Sender nun um eine Rundfunklizenz bewerben. Solch eine Lizenz wird in Deutschland von den Landesmedienanstalten erteilt. Damit wäre RT dann auch per Kabel und Satellit zu empfangen. Laut Bild soll RT den früheren MDR-Chefredakteur Wolfgang Kenntemich beauftragt haben, sich als Lobbyist für die Lizenzvergabe einzusetzen. Der 72jährige ist als Direktor des EU-Institutes für Qualitätsjournalismus in Leipzig und als freier Medienberater tätig. RT-Chefredakteur Ivan Rodionov möchte Experten wie Kenntemich in einen begleitend kontrollierenden „Beirat renommierter deutscher Persönlichkeiten aus den wichtigsten gesellschaftlichen Gruppierungen“ holen. 

Dagegen läuft der Chef des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), Frank Überall, aufgebracht Sturm. Im Gespräch mit dem Mediendienst telepolis warf er RT vor, den „Mißbrauchsfall Lisa“ von 2016 „erfunden“ zu haben, „um Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen“, eine Behauptung, die sein Sprecher schon 2017 öffentlich als Fehler zurücknehmen mußte. Überall ereifert sich, RT betreibe „keinen seriösen Journalismus“ und „befeuert eine politische Stimmung, die der AfD nützt“. Das Bundesverfassungsgericht fordere in seiner Rechtsprechung zum Rundfunk vor allem Staatsferne. „Die ist bei RT wahrlich nicht gegeben.“ Kreml-Propaganda hin oder her, aber erscheinen die deutschen Anstalten staatsferner?