© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/19 / 01. Februar 2019

Krise in Venezuela ist von geostrategischer Bedeutung
Europas naive Art
Thomas Fasbender

Der Machtkampf in Venezuela erinnert an „High Noon“, den Film. Noch vermeiden die Rivalen den Schlagabtausch. Präsident Nicolas Maduro, die Nationalgarde und die sozialistische Führungsschicht auf der einen Seite – auf der anderen der junge Herausforderer Juan Guaidó, das Parlament und ein Volk, das die Geduld verloren hat. Das Militär, dessen Loyalität entscheidend ist, zögert. Die Generalität hält zu Maduro, während die Sympathie der niederen Ränge dem selbsternannten Interimspräsidenten gilt.

Der Ausgang ist auch von geostrategischer Bedeutung. Die USA voran, haben fast alle Länder in Nord- und Südamerika dem Herausforderer Guaidó ihre Unterstützung erklärt. Maduro wird von den großen US-Rivalen China und Rußland gestützt, außerdem vom Iran, der Türkei und einigen wenigen anderen Ländern.

Für Donald Trump wäre ein Machtwechsel in Caracas ein gewaltiger Prestigegewinn. Rußland und China sollten sich fragen, was ihnen ein Verbündeter bringt, der sein Volk halb verhungern läßt. Und Europa wäre besser ganz neutral geblieben, wenn es schon nicht klar Partei ergreifen will. Die naive Forderung nach Neuwahlen zum gegenwärtigen Zeitpunkt beweist nur, daß der neue Stil internationaler Konflikte, der mit deutlich härteren Bandagen einhergeht, in Europa noch nicht angekommen ist.