© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/19 / 01. Februar 2019

Ländersache: Berlin
Polizei, dein Freund und Helfer
Björn Harms

Um den Rapper Bushido, bürgerlich Anis Ferchichi, ist es in den vergangenen Tagen verdächtig ruhig geworden. Der Deutsch-Tunesier hat ein gefährliches Problem. Sein ehemaliger Geschäftspartner und Chef einer arabischen Großfamilie, Arafat Abou-Chaker, soll geplant haben, Frau und Kinder des Musikers zu entführen. Vor zwei Wochen wurde das Clan-Oberhaupt auf Geheiß der Berliner Staatsanwaltschaft noch im Gerichtssaal verhaftet. Seitdem sitzt er wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr in Untersuchungshaft.

Abou-Chaker war 14 Jahre lang Teilhaber von Bushidos Plattenlabel, die beiden führten gemeinsam eine millionenschwere Immobilienfirma. Der Clan  sorgte für Bushidos Sicherheit und hielt ihm auf der Straße den Rücken frei. Auch deshalb konnte er jahrelang in seiner Musik gegen alles und jeden pöbeln, ohne jemals Konsequenzen spüren zu müssen. Wurde es brenzlig, versteckte Bushido sich hinter Familienoberhaupt Arafat. Bis es im März 2018 zum Streit kam und die Wege sich trennten.

Seit mehreren Jahren ist es in der Gangsta-Rap-Szene üblich geworden, Schutz bei Großfamilien oder Rockerclubs zu suchen, um möglichen Problemen aus dem Weg zu gehen. Logisch, daß sich die Künstler damit neue Schwierigkeiten schaffen. „Der Rechtsstaat kann dir in Berlin oft nicht helfen“, erklärt Rapper Fler, alias Patrick Losensky, in der FAZ. Dabei gebe es die Parallelgesellschaften der Clans schon lange. „Ich lache mich tot, wenn der Berliner Senat so tut, als sei das ein neues Problem, das er jetzt entschlossen angeht.“

Seit dem Zerwürfnis mit den Abou-Chakers soll Bushido immer wieder bedroht worden sein. Er fürchtet um das Leben seiner Familie. Nun soll er mit der Polizei zusammenarbeiten und Interna an die Beamten liefern. In der Unterwelt gilt er damit als Verräter und Überläufer. Sein Zögling, der Rapper Capital Bra, trennte sich erst kürzlich wegen der Vorwürfe von Bushidos Plattenlabel „Ersguterjunge“, wahrscheinlich auch, um seine eigene Haut zu retten.

Arafat Abou-Chaker soll die Tat gemeinsam mit seinem Bruder Yasser geplant haben, dem noch eine weitere Entführung vorgeworfen wird – die seiner eigenen Kinder. Yassers Frau, gleichzeitig auch seine Cousine, hatte die Brüder schwer belastet. Laut Spiegel soll sich der Fall wie folgt entwickelt haben: Zunächst wollte sich Yassers Frau von ihrem gewalttätigen Mann trennen. Im November vergangenen Jahres setzte sie ihren Plan in die Tat um und verließ in einer Nacht-und-Nebel-Aktion das gemeinsame Haus im Berliner Vorort Kleinmachnow. Sie fuhr nach Dänemark zu ihren Eltern. Doch ihr Mann wußte offenbar Bescheid. Nur einen Tag später tauchte er dort auf, entriß ihr die Kinder und fuhr zurück nach Berlin. 

Seine verzweifelte Frau wendete sich in Aarhus an die Polizei. Die Berliner Behörden bekamen schnell Wind davon. Es meldeten sich Ermittler des Landeskriminalamtes, die Frau packte aus. Nicht nur sie sei in Gefahr, berichtete sie den Polizisten, es gebe Pläne gegen Bushido und seine Frau. Die Kinder sind inzwischen wieder bei ihrer Mutter in Dänemark, sie sollen dort unter Polizeischutz stehen. Yasser Abou-Chaker wurde nun ebenfalls in Dänemark verhaftet. Die Fahnder sollen ihn bei dortigen Clan-Mitgliedern gefunden haben. Er hatte versucht, sich unter einem Bett zu verstecken.