© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/19 / 01. Februar 2019

Ihre Rente ist sicher
Für exorbitant hohe Betriebsrenten wollen ARD und ZDF an der Gebührenschraube drehen: Das Versorgungswerk der ARD-Landesrundfunkanstalten wird von Rundfunk-Zwangsbeiträgen getragen
Ronald Berthold

Allein für die Pension von WDR-Intendant Tom Buhrow hat die ARD inzwischen mehr als drei Millionen Euro zurücklegen müssen. Insgesamt fließen jedes Jahr eine halbe Milliarde Euro der Zwangsbeiträge in die betriebliche Altersvorsorge von ARD und ZDF. Das fürstliche Leben im Ruhestand ist mit ein Grund, warum die öffentlich-rechtlichen Sender massive Beitragserhöhungen fordern. Mit den mehr als acht Milliarden Euro – der mit Abstand höchsten Summe, die einem Rundfunk weltweit zur Verfügung steht – kommen sie angeblich nicht aus.

Kein Pensionär muß um sein Ruhegeld fürchten

Wer bei den Rundfunkanstalten arbeitet, genießt ein besonderes Privileg. Neben der gesetzlichen Rente erhalten die Angestellten eine betriebliche Pension. Und die steigt in einem solch immensen Maß, wie es in der Privatwirtschaft unmöglich wäre – nämlich immer genauso wie die Löhne der Mitarbeiter. Das führt dazu, daß das Ruhegeld manch eines ehemaligen Reporters inzwischen höher ist als sein letztes Gehalt. Und bereits das ist üppig: Ein normaler Redakteur erhält kurz vor dem Renteneintritt summa summarum bis zu 7.000 Euro im Monat. Buhrow liegt bei 400.000 Euro im Jahr – mehr als die Kanzlerin, die mit Diäten und Kostenpauschalen auf 310.800 Euro kommt, aber ein klein wenig mehr Verantwortung trägt. Weit mehr auch als das Staatsoberhaupt. Der Bundespräsident erhält laut Bundeshaushaltsplan 2018 ein Amtsgehalt von 237.000 Euro, dazu ein Aufwandsgeld für die Gehälter seines Hauspersonals von 78.000 Euro. Kommt nicht in die Nähe dessen, was der erste Mann der Ätherwellen einstreicht.

Die Ansprüche der pensionierten Funker sind so hoch, daß Ende vergangenen Jahres sogar das Versorgungswerk der ARD-Landesrundfunkanstalten durch einen Streßtest gefallen ist. Die Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ist informiert – mit ihr müssen Rettungsmaßnahmen abgestimmt werden. Das geht laut Bild am Sonntag aus einer ARD-Sitzungsvorlage hervor. Die Rede ist von „enormen Finanzrisiken“.

Um sein Ruhegeld muß aber dennoch kein pensionierter Mitarbeiter fürchten. Dafür würde der Beitragszahler aufkommen. Denn die ARD wird die Summe bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) anmelden. Genaue Zahlen nannte der Senderverbund nicht. Die gehen dafür aus dem aktuellen KEF-Bericht hervor. Demzufolge klafft ein Loch von 2,9 Milliarden Euro in der Bilanz der öffentlich-rechtlichen Pensionskassen.

Konkreter wurde auch der Hessische Rundfunk (HR). Wegen der exorbitanten Altersvorsorge seiner Rentner erwartet die Rundfunkanstalt in diesem Jahr ein happiges Minus von 93 Millionen Euro. HR-Intendant Man­fred Krupp forderte prompt mehr Geld vom (Nicht-)Zuschauer: „Ohne eine Anpassung des Rundfunkbeitrags sind Einschnitte im Programm unausweichlich.“ Obwohl der Sender jährlich 511 Millionen Euro einnimmt, kommt er mit diesem Geld nicht aus. Die Ausgaben liegen laut Haushaltsplanung bei 604 Millionen Euro.

Die über die gesetzliche Rentenversicherung hinausgehenden Altersbezüge stemmt die ARD über die Baden-Badener Pensionskasse. Die sei nun wegen der Nullzinspolitik in Schieflage geraten, erklärt ein Sprecher. Tatsächlich aber wird das Versorgungswerk über die Rundfunkbeiträge getragen – die ARD muß nun dessen Eigenkapital erhöhen. Und damit gerät die Finanzierung des gesamten Systems Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk unter Druck, das ohnehin keine Bescheidenheit kennt. Allein das neue Studio für die „Tagesschau“ hat 2014 knapp 24 Millionen Euro verschlungen. Es „mußte“ 320 Quadratmeter groß sein.

Dieser Gigantismus könnte darauf schließen lassen, daß die Sender im Geld schwimmen – und das stimmt sogar: Seit 1995 explodieren deren Einnahmen. Um 70 Prozent hat das Geld, das der Rundfunkbeitrag – beziehungsweise zuvor die Gebühr – einbringt, zugenommen. Damit ist die Teuerung hier doppelt so hoch wie im Durchschnitt. Denn die allgemeinen Verbraucherpreise sind im selben Zeitraum um knapp 36 Prozent gestiegen. Das hat das Vergleichsportal Warenvergleich.de ermittelt.

Doch trotz des Geldregens kennt die Gier keine Grenzen. ARD und ZDF drohen nun sogar mit dem Bundesverfassungsgericht, um eine Anhebung des Rundfunkbeitrags einzuklagen. Denn bisher haben die Ministerpräsidenten der Länder immer noch kein grünes Licht für einen weiteren Griff in die Portemonnaies der Beitragszahler gegeben. Die Länderchefs stehen unter Druck, weil im Wahljahr 2019 ein erneutes Drehen an der Gebührenschraube Wasser auf die Mühlen der AfD wäre. Die Partei kritisiert nicht nur die politische Einseitigkeit von ARD und ZDF. Sie prangert den „Staatsfunk“ auch als Faß ohne Boden an.

Eine entscheidende Planke bleibt dabei die Altersvorsorge. Focus Money berichtete unlängst mit Bezug auf Kritiker: „Bei den Rundfunkanstalten gebe es Mitarbeiter, die schon nach wenigen Jahren lebenslange Pensionsansprüche von mehr als 100 Prozent des letzten Gehalts erworben hätten.“

Foto: Herrlich und in Freuden: Tagesthemen-Moderatorin Caren Miosga, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender, Miosgas Ehemann Tobias Grob sowie Daniela Boff, Freundin von WDR-Intendant Tom Buhrow (v.l.n.r.) auf dem Bundespresseball 2017 im Hotel Adlon, Berlin Alles vom Geld der (Nicht-)Zuschauer: DFL-Präsident Reinhard Rauball (2. v. li.) und DFL-Geschäftsführer Christian Seifert (4. v. re.) begrüßen die Intendanten Tom Buhrow (WDR, li.), Manfred Krupp (HR, 3. v. li.), Ulrich Wilhelm (BR, 4. v. li.), Thomas Bellut (ZDF, 3. v. re.), Volker Herres (ARD-Programmdirektor, 2. v. re.) sowie Lutz Marmor (NDR, re.) beim Neujahrsempfang der Deutschen Fußball-Liga (DFL) am 15. Januar in Frankfurt