© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/19 / 01. Februar 2019

Übertriebene Sorgen vor einem wirtschaftlichen Abschwung?
Monetäre Scheinblüte
Thorsten Polleit

Nach Jahren des Aufschwungs warnen Ökonomen und Firmenlenker auf dem Wirtschaftsforum in Davos vor einer Rezession. Doch das konjunkturelle Auf und Ab zu prognostizieren ist schwierig, es gibt es einfach zu viele Faktoren, die das Wirtschaften beeinflussen und deren Eintreten und Wirkung sich vorab nicht verläßlich einschätzen lassen; daher sind auch die meisten Konjunkturprognosen nicht das Papier wert, auf dem sie gedruckt sind.

Die Befürchtungen, der weltweite Aufschwung könne nunmehr in einen Abschwung umschlagen, sind aber nicht unbegründet. Die Zentralbanken haben mit ihrer Niedrigzinspolitik und einer hemmungslosen Geldmengenvermehrung einen „Boom“ in Gang gesetzt, dessen Fortbestand davon abhängt, daß beides so bleibt. Doch entzieht die US-Zentralbank Fed nun nicht mit Zinserhöhungen der „monetär angetriebenen Scheinblüte“ den Boden? Sind die Aktienkursverluste kein klarer Hinweis auf die nahende Krise?

Vermutlich nicht. Die Fed wird die Zinsen vermutlich nicht weiter anheben; sie scheint sogar bereit zu sein, den Leitzins rasch wieder abzusenken, sollte das erforderlich sein, um die Wirtschaft und die Finanzmärkte zu stützen. Damit schwindet auch der Druck auf zum Beispiel die Europäische Zentralbank (EZB), die Bank von Japan und die Bank von England, sich ihrerseits von der Null- beziehungsweise Tiefzinspolitik zu verabschieden. Bleiben aber die Leitzinsen niedrig, ist es in der Tat verfrüht, eine große Wirtschaftskrise an die Wand zu malen.

Kein Zweifel: Das Wirtschaften bei künstlich niedrigen Zinsen verursacht Probleme. Es ermuntert Investoren auch dazu, überzogene Risiken einzugehen. Und der Reformdruck auf mißwirtschaftende Staaten wird gelockert. Der Anreiz für Konsumenten, Unternehmer und Regierungen, sich zu verschulden, wird befördert. Die Ungleichgewichte, die eine Geldpolitik der künstlich niedrigen Zinsen verursacht, führen jedoch nicht geradewegs in eine Krise. Solange die Zinsen niedrig sind, kann der Aufschwung eine ganze Weile weitergehen, bevor es zur Krise kommt.

Für Anleger bedeutet das keine Entwarnung. Wenngleich die Sorge vor einer unmittelbar bevorstehenden Rezession aktuell übertrieben zu sein scheint, stehen sie vor folgendem Problem: Angesichts der andauernden Niedrig- und Nullzinspolitik ist und bleibt das Investieren in Schuldpapiere, das Halten von Sicht-, Termin- und Spareinlagen, ein chronisches Verlustgeschäft. Gerade Anleger aus dem Euroraum sind gut beraten, kein „Euro-Klumpenrisiko“ einzugehen – anstelle von Euro-Termin- und Spareinlagen Dollar, Schweizer Franken und die „Währung Gold“ zu halten und zudem auf ausgesuchte Aktien und Immobilien zu setzen.






Prof. Dr. Thorsten Polleit ist Volkswirtschaftler und Präsident des Mises-Instituts.

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