© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/19 / 01. Februar 2019

Pankraz,
der Kinderkreuzzug und die Ökohysterie

Immer häufiger ist in den Medien das Wort „Ökohysterie“ zu lesen; auch das bekannte, einst schier unzertrennliche Ökologenpaar Dirk Maxeiner und Michael Miersch verwendet es. Sie meinen damit die überall registrierbare Verwandlung eines bedachtsamen, von der deutschen Öffentlichkeit mit guten Argumenten ausgestatteten Umweltschutzes in pures Panikgeschrei und Panikgezappel, die ewige Beschwörung der Apokalypse durch die sogenannten Leitmedien, dystopische Wahnbilder anstelle realistischer Perspektiven, Lügengeschichten anstelle von Tatsachen – eben „Ökohysterie“. 

„Hysterie“ hieß bei den alten Griechen die Gebärmutter. Sie galt damals als Inbegriff spontanen Urgeschehens, vernünftiger Unzugänglichkeit; das Wort wurde später als Metapher für ganze Bewußtseinszustände benutzt, wenn man klarmachen wollte, daß diese Zustände nicht das Geringste mehr mit Geist, Vernunft, rationaler Lebensnähe zu tun hatten. „Hysteriker“ waren demnach mental völlig durchgeknallte Menschen, die an sich durchaus über ein normales Maß von Vernunft verfügten, es aber durch die Ungunst der Umstände verloren hatten oder bewußt preisgaben.

Die Ökohysterie à la Maxeiner/Miersch paßt gut in dieses Schema hinein. Das Stichwort „Klimawandel“ läßt die Hysteriker gewissermaßen planvoll ausrasten, oder sie nehmen es als willkommene Gelegenheit, absichtlich auszurasten und die auf Ökohysterie eingestellten „Leitmedien“ wirksam und einträglich zu bedienen. Die jetzt offenbarte Lügengeschichte über die angeblich flächendeckend tödlichen Folgen des von den Autos ausgestoßenen Feinstaubs macht den Mechanismus, der hier funktioniert, nur allzu deutlich. Ein Hysteriker bedient den anderen, und zusammen errichten sie ein hysterisches System.


Als krassestes Beispiel dafür, wie weit die Ökohysterie hierzulande bereits zum allumfassenden System geworden ist, bieten sich wohl die „Schülerdemos gegen den Klimawandel“ an, die vor einigen Tagen ihren ersten Höhepunkt erreichten. Angeblich spontan, ohne von irgendwelchen Lehrern dazu angestiftet worden zu sein, beschlossen in Berlin und anderen Großstädten viele Klassen, den Unterricht kollektiv zu schwänzen und statt dessen auf den Straßen gegen den Klimawandel zu protestieren. Gesagt, getan. Und natürlich war die ARD dabei, um die Demo abends in die „Tagesschau“ zu bringen.

Inspirierende Kraft, so erfuhr man erstaunt, sei eine kleine Oberschülerin in Schweden gewesen, die zur Umwandlung  des an sich angesetzten Französisch-Unterrichts in eine politische Straßendemo gegen den Klimawandel aufgerufen hatte. Und wie war es ihr gelungen, ein so großes internationales Echo zu erzeugen? Nun, die im schweizerischen Davos tagende Weltwirtschaftskonferenz, auf der sich gewöhnlich nur mächtige, profitbegierige Politiker und Konzernchefs auslassen, hätte sie sofort nach Bekanntwerden ihrer Aktion eingeladen, nach Davos zu kommen und dort ein Referat zu übenehmen.

Wenn das keine Verschwörung von Systemverwaltern ist! Pankraz fühlte sich, als er davon hörte, übrigens intensiv an den berühmten Kinderkreuzzug aus dem Jahre 1212 erinnert, bei dem Tausende von Kindern aus Deutschland und Frankreich auf Anweisung mächtiger Äbte und Äbtissinen zu einem unbewaffneten „Kreuzzug ins Heilige Land“ rekrutiert wurden, um die muslimische Welt von den guten Absichten der Christen zu überzeugen. Das Unternehmen endete tragisch. Die Araber, vom edlen Fürsten bis zum rabiaten Seeräuber, lachten nur darüber, töteten die Kinder oder verkauften sie als Sklaven.

Die den Unterricht schwänzenden und gegen den Klimawandel demonstrierenden Kinder von heute haben solches Schicksal glücklicherweise nicht zu erwarten, ernten im Gegenteil medial-politischen Ruhm. Das ändert aber nichts daran, daß ihr Anliegen nicht weniger illusionär und fremdbestimmt ist als seinerzeit das der Kinder vom Kreuzzug 1212. Allen Ernstes zu erwarten, sie könnten die Welt retten, indem sie gegen den Feinstaubausstoß deutscher Dieselautos demonstrieren, grenzt an Schwachsinn, ist eben genau das, was schon Maxeiner und Miersch kritisch ins Visier nahmen: Ökohysterie.


Nicht einmal mächtige Staatslenker oder Medienfürsten können die Beschleunigung der natürlichen Erderwärmung ja beeinflussen. Weder politische Macht noch persönliches Vorbild spielen hier eine Rolle. Beides muß vor der puren Gewalt der großen Zahl kapitulieren. Das Klimaproblem (wenn es denn eines gibt, das auch nur ansatzweise mit menschlichem Vermögen zu tun hat) ist ein Problem der Quantität, nicht der Qualität. Jeder Mensch, wo und in welcher Position auch immer, ist von Natur aus ein „Klimasünder“, belastet den CO2- und Methan-Haushalt, heizt den Treibhauseffekt an.

Die Dinge gehen so lange gut, solange es noch nicht allzu viele von dieser bemerkenswerten Spezies Mensch auf Erden gibt. Wenn die Zahl aber einen gewissen kritischen Grenzwert überschreitet, tritt die Krise ein.  Und das scheint heute der Fall zu sein. Acht Milliarden Menschen, und jeder mit einer naturgegebenen negativen Klimabilanz, und alle immer noch auf Vermehrung und bequemes, wenigstens erträgliches Überleben aus – das ist zuviel für unser Ökosystem. Die alten, an sich hoch achtbaren Bibelsprüche – „Seid fruchtbar und mehret euch!“, „Macht euch die Erde untertan“ – sie gelten nicht mehr, erzeugen nur noch Unheil.

Wer so etwas sagt, hat leider faktisch alle gegen sich. Jeder sucht den Balken im Auge des anderen, nicht beim Homo sapiens insgesamt. Doch an der Prognose ändert das nichts: Die einzig effektive Beeinflussung des Weltklimas durch den Menschen läge in der konsequenten und energisch organisierten quantitativen Beschränkung.  Doch darüber ist bisher auf keiner der großen Klimakonferenzen auch nur ein einziges Wort gefallen. 

Der Natur, der Erde, ist das natürlich gleichgültig, ihr Rhythmus folgt ganz anderen Dimensionen, als sich das eine Kinderdemo vorstellen kann.