© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/19 / 01. Februar 2019

Knapp daneben
Die letzte Bastion des Privaten
Karl Heinzen

Die totalitäre Verseuchung einer Gesellschaft erkennt man daran, daß auch die letzten Rückzugsräume des Privaten von der Politik infiziert werden. Früher, in den vordigitalen Zeitaltern, war es schwer, hierzu verläßliche Erkenntnisse zu gewinnen. Man hatte ja nicht einmal die technischen Mittel, mehr als bloß ausgesuchte Problemmenschen zu überwachen. Heute schütten die Bürger freiwillig ihr Herz in den Sozialen Medien aus, und jeder kann feststellen, in welchem Maße unser Zusammenleben bereits vergiftet wurde. Der Befund ist erschreckend. Eigentlich wurden Angebote wie Facebook dafür ersonnen, daß Freunde sich über Haustiere, Urlaubsreisen und Beziehungen austauschen. Lediglich Twitter stand stets unter dem Verdacht, eine Plattform für den Bewußtseinsmüll von Psychopaten und Exhibitionisten zu bieten. 

Auf Nummer Sicher geht, wer ein Nachrichtenmonopol einrichtet, das ausgewählte Infos herausgibt.

Heute sind die Sozialen Medien sämtlich von Polithetzern okkupiert. Selbst kommerzielle Werbekampagnen preisen nicht nur Waren oder Dienstleistungen, sondern verknüpfen diese mit einer trendigen politischen Botschaft. Lange schien WhatsApp die letzte Bastion des Privaten zu sein, die den vermeintlich großen Themen der Zeit trotzte. Doch auch sie wird offenbar längst von aufständischen Agitatoren mißbraucht. Diese nutzten bislang das Feature, eine Nachricht an bis zu 20 Empfänger gleichzeitig verschicken zu können. Dem schieben die Betreiber nun einen Riegel vor. Ab sofort lassen sich nur fünf Adressaten auf einmal anschreiben. Solche Einschränkungen können die Verbreitung inakzeptabler Äußerungen verlangsamen, aber nicht verhindern. Solange es Soziale Medien gibt, kann unsere Gesellschaft nicht mehr zur Ruhe kommen. Wer Frieden will, darf nicht Informationsfreiheit predigen. Auf Nummer Sicher geht, wer ein Nachrichtenmonopol einrichtet, das von Zeit zu Zeit die Neuigkeiten nach ausgiebiger Prüfung von Fakten und Mitteilungswürdigkeit bekanntgibt. Für die Menschen wäre dies eine enorme Entlastung. Sie müßten sich nicht mehr auf dem laufenden halten und würden merken, wie wenig die angeblichen Schicksalsfragen doch ihr privates Leben berühren.